Oesterreich — Ungarn. 155
16. Okt. Der Magistrat der Stadt Pesth beschließt in einer Adresse an
den Kaiser zu erklären, daß er alle schon herabgelangten oder noch
herablangenden gesetzwidrigen Verordnungen der Hofkanzlei oder der
k. Statthalterei bei Seite legen und falls die Vollziehung gefordert
würde, in corporo abdanken werde.
„ Gestützt auf das kaiserliche Steuerpatent vom 12. Oktober, giltig
für das ganze Reich, wird die Einhebung der direkten Steuern
für 1862 auch in Ungarn ohne Mitwirkung des Landtags aus-
geschrieben.
20. , Dritte Repräsentation des k. ungarischen Statthaltereirathes an
den Kaiser
„mit der allerunlerthänigsten ehrfurchisvollen Bitte, Ev. Maj. mögen
geruhen, die Obergespäne der Comitate um die allerhöchste Persen Ew. Maj.
zu versammeln. Es ist nothwendig, daß Ew. Maj. die Nation kenne: sich
selbst überlassen, gereizt, ist sie unbändig (szilaj); wenn sie gut geleitet
wird, so kann leicht in ihr der Funke geweckt werden, welcher zur Zeit der
Vorfahren Ev. Maj. in der Unterstützung und Rcttung des Thrones und
der Monarchie mehr als einmal leuchtete. Unzählige werden, wenn sie Ew.
Maj. von den Räthen des Landes umgeben sehen werden, sich dem Throne
Ew. Maj. nähern, um da Trost und Schutz zu suchen 2c. Ew. Maj. möge
daher das Land mit Ew. Maj. allerh. königl. Anwesenheit beglücken;
denn nach der Ansicht dieses getreuen k. ungarischen. Statthaltereirathes sind
die Verhältnisse dahin gediehen, daß er die Linderung der bestehenden
schwierigen Zustände und der unhaltbaren Lage, sowie seinen ferneren er-
folgreichen Fortbestand auf jenem Felde, auf welches er durch Ew. Moj.
allerh. Gnade und Vertrauen berufen wurde, ausschließlich von Ew. Maj.
allergn. Erscheinen in diesem Lande und von Ew. Maj. königl. Ansprache
abhängig zu machen genöthigt ist. Dieser treue königl. Statthaltereirath
kann die Herrscherpflichten und Sorgen Ew. Maj. viel zu richtig auffassen,
als daß er eine länger dauernde Anwesenheit Ew. Majestät in Ew. Majestät
getreuem Königreiche Ungarn zu hoffen und zu bitten wagen sollte. Und
deshalb bittet dieser gehorsamste königl. Statthaltereirath Ew. Maj. in
tiesster Ehrfurcht, daß Ew. Maj. geruhen möge, dieses Land mit einem
aus der Mitte von Ew. Maj. erhabener Herrscherfamilie, — welche so
ansgezeichnete und begabte, ja auch die Verhältnisse unseres Landes kennende
Erzherzoge besitzt, — zu wählenden königl. Stalthalter zu beglükken
24. „ Der Kardinal-Primas antwortet dem Hofkanzler auf seine An-
frage, wie sich die Comitate und wie die Obergespäne in der Ne-
kruten= und Steuerfrage zu verhalten gedächten, so bestimmt wie
offen, „daß die Communität seines Comitat? (Gran), welche bisher
sehr bestrebt war, die öffentliche Sache gefährdende Conflikte zu ver-
meiden, ihren Beamten nicht allein nicht befehlen wird, bei der Re-
krutirung mitzuwirken, sondern auch ihnen dies direkt verbieten wird“
und äußert sich ebenso offen über die Lage des Landes überhaupt:
„.... Unsere Situation ist außerordentlich; sie gleicht nicht derjenigen
von 1823, wo rücksichtlich des einmal vorgekommenen Falles die Comitate
zum Schutz der Nationalrechte einen feierlichen Protest für genügend er-
achten konnten, denn jetzt, wo es sich nicht um einen Ausnahmsfall handelt,
sondern das hinsichtlich der Rektruten= und Steuerbewilligung be-
siehende, durch zahllose Gesetze und königliche Eide garantirte National-
recht nicht allein in Zweifel gezogen, sondern auch direkt verweigert wird,
18.