156
Oesterreich — Ungarn.
glaube ich nicht, daß das Land, und somit auch mein Comitat, durch die
außergesetzliche Bewilligung der Steuereinhebung und Rekrutirung auf die
Hauptgarantieen seiner Verfassungsmäßigkeit freiwillig verzichten und dadurch
die Rechtsverweigerung rechtfertigen werde und möchte. Und alles
dies ist nicht Trotz, nicht separatistisches Bestreben, gnädiger Herr, denn so
wie ich für die Treue und Anhänglichkeit meiner Nation gegen den König
bürgen kann, so kann ich auch dafür bürgen, daß sie jenen Verband, durch
welchen sie in der Person des Königs konzentrirt, unter Aufrechthaltung ihrer
Autonomie mit den Erbprovinzen in gutem und bösem Geschick brüderlich
verknüpft war, nicht zerreißen will. Es ist, wie gesagt, nicht Trotz und
separatistisches Bestreben, sondern Rechtsgefühl, und dessen natürlicher Aus-
fluß, Rechtsvertheidigung. Wenn das hohe Ministerium jetzt — wo die
gewaltsame Eintreibung der Steuern im laufenden Jahre im Lande Weh-
geschrei erweckte; wo die Comitate leidende Zeugen und Opfer der Gewalt
und der von den Steuereinnehmern gegen unsere Verfassung gerichteten Auf-
reizungen waren; wo die Nation über die Auflösung des Landtags, des
constitutionellen Ausgleichsweges, der Hoffnung beraubt, wehklagt; wo die
öffentliche Verwaltung durch die Auflösung der Comitate gelähmt wird —
wenn, sage ich, das hohe Ministerium die Steuer= und Rekruten-Forde-
rungen jetzt zu stellen für gut findet, so glaube ich nicht, daß diese Forderung
süße Früchte tragen werde. Ich glaube nicht, daß der Rekrut, welcher
der schluchzende Zeuge der gegen seine Eltern angewendeten Erpressungen
war, dem König eine genügende Garantie bietet; ich glaube nicht, daß die
aufgelösten und vielleicht gesetzwidrig zu organisirenden Comitate in ihren
Funktionen, und somit auch in der Steuer= und Rekrutenablieferung, den
zustimmenden Willen des Publikums repräsentiren würden, und ich glaube
nicht, daß es für lange Zeit rathsam wäre, mit den Gefühlen, Hoffnungen
und Rechten eines Landes und rechtschaffener Völker zu spielen. Darum
konzentrirt sich mein Rath, der von mir als Primas und dem vermitteln-
den Oberpriester des Landes zur Zeit der Verhandlungen über diese beiden
hochwichtigen Fragen nicht verkangt wurde, jetzt, wo es sich um die Voll-
streckung handelt, in Folgendem: Se. Maj. unser allergnädigster König
möge, jeden antinationalen und unseren Gesetzen widerstreitenden Einfluß
zurückweisend, geruhen, sich mit dem Lande in unmittelbare Verührung zu
setzen und, im Herzen des Landes erscheinend, an die Nation ein auf-
richtiges Wort richten, welchem zufolge die Besorgnisse derselben um ihre
gefährdete Verfassung zerstreut würden, und der Landtag je früher desto
besser wieder zusammentreten könnte. Der mit der Auflösung der Comitate
entstandene widerwärtige Zustand soll schon deshalb aufgehoben werden,
damit zu dem so sehr erwarteten und obenerwähnten Landtage die gesetz-
lichen Wahlen vor sich gehen können. Die Steuer= und Rekrutenstellungs-
frage soll bis zu dem auf den küctzesten Termin einzuberufenden Landtag
verschoben und schließlich der gewaltsamen Eintreibung der Steuern ein
Ende gemacht werden. So wage ich es kühn, die Bürgschaft zu über-
nehmen, daß das Land, welches seine Rechte anerkannt sehen wird, mit
dem Ausgleich aller Verwickelungen, so wie immer in seiner stets bewährten
Treue gegen den König und aus Rücksicht für die Erhaltung des Staates
bereit sein wird, alles zu bewilligen, was Se. Maj. von ihm gesetzlich ver-
langen wird. Ich erachte es als meine unumgängliche Pflicht, alles dies
E. Erc. zu unterbreiten, damit ich nicht einst des Schweigens beschuldigt
werde, damit es nicht den Anschein habe, als ob ich gleichgiltig gegen die
Gefährdung der Dynastie und des Staates sei, für welche die größten Opfer
zu bringen ich stets bereit war und bin, so wie ich mich denn auch jetzt
bereit erkläre, mit den Reichswürdenträgern, Obergespänen und Notabili-
täten des Landes vor das Antlitz Sr. Maj. hinzutreten, und meine dics-
bezügliche Unterbreitung mündlich vorzutragen“.