Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiter Jahrgang. 1861. (2)

Oesterreich — Ungarn. 157 
27. Okt. Der Ministerrath in Wien beschließt eine durchgreifende Re- 
organisation als Provisorium in Ungarn. 
„ Ein k. Rescript an den Stadtmagistrat von Pesth suspendirt den 
Obernotar vom Amte und fpricht gegen alle betheiligten Comité- 
mitglieder wegen Beschluß einer Adresse an den Kaiser bezüglich 
der Steuererekutionen die allerhöchste Mißbilligung aus. Der 
k. Commissär erscheint selbst in der Sitzung des Magistrats und 
schneidet die betreffenden Stellen aus dem Protekolle heraus. 
„ „ Der Kardinal-Primas wird wegen seines Schreibens vom 24. Okt. 
auf Befehl des Kaisers nach Wien beschieden. Die Antworten der 
übrigen Obergespäne lauten inzwischen fast ohne Ausnahme eben- 
falls ablehnend. 
30. „ Eine Reihe von Obergespänen wird theils dieser Würde, theils, 
wo die Würde eine erbliche isk, der Leitung ihrer Comitate ent- 
hoben. Königliche Commissäre sollen an ihre Stelle treten, um 
die Absichten der Regierung durchzuführen. 
Der Magistrat von Pesth legt in corpore sein Mandat nieder. 
Der Kaiser drückt dem in besonderer Audienz empfangenen Kardinal- 
Primas „sowohl über den Inhalt als über die Veröffentlichung 
seines als Erbobergespan von Gran am 24. gl. M. an den Hof- 
kanzler erlassenen Schreibens das allerhöchste Mißfallen aus“. 
5. Nov. Der Kaiser ernennt den Grafen Moriz Palffy zu seinem Statt- 
halter in Ungarn, suspendirt die corporative Wirksamkeit des kol. 
ungarischen Statthaltereirathes, befiehlt die Auflösung sämmtlicher 
noch bestehenden Ausschüsse der Comitate, Distrikte und Gemeinde- 
vertretungen der k. Freistädte und ordnet die Einsetzung von Militär- 
gerichten in ganz Ungarn an, um gewisse gegen die öffentliche Ord- 
nung und die Sicherheit von Personen und Eigenthum begangenen 
strafbaren Handlungen statt der ordentlichen Civil= und Straf- 
gerichte zu beurtheilen. 4 
K. Handschreiben an den Hofkanzler Graf Forgach: „Die 
Unbotmäßigkeit der ungarischen Munizipien und die offene an Empörung 
gränzende Widersetzlichkeit gegen jedwede zur Herbeiführung geordneter Zu- 
stände erlassene Maßnahmen bedroht auf das Gefahrvollste den Bestand der 
öffentlichen Ordnung im Allgemeinen — ohne daß die Behörden in ihrer 
dermaligen Einrichtung und die gegenwärtig übliche Anwendung der be- 
stehenden Strafgesetze des Landes gegen solche von der großen Mehrzahl 
Meiner getreuen Unterthanen mißbilligte, äußerst bedauerliche Angrisse hin- 
länglichen Schutz zu gewähren und den überwuchernden Ungehorsam zu be- 
wältigen vermöchten. Es ist Meine Regentenpslicht und Mein fester Wille, 
diesen Ausschreitungen kräftigst Schranken zu setzen und durch Herstellung 
geordneter Verhältnisse — den schuldigen Gehorsam, sowie die Autorität 
der Regierung neu zu befestigen. Demnach finde Ich die durch 
Meine Verfügungen vom 20. Oktober v. J. im Sinne der obenerwähnten 
Gesetzartikel aufgelebte corporative Wirksamkeit Meines königl. ungartschen 
Statthaltereirathes, sowie gleichzeitig auch die Thätigkeit der Munizipien 
des Landes bis zur Herstellung der gestörten öffentlichen Ordnung zeitlich 
29. 
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