Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1861. 313
und zum mindesten einen ausgiebigen Pairschub zur Felge haben müßte
und fügte sich am 7. Mai mit 110 gegen 81 Stimmen, ebenso wurde
das Militärbudget im Abg.-Hause am 31. Mai glücklich durchgesetzt, aber
nur mit schwerer Mühe und nur, indem von der Mehrferderung für die
Verstärkung des Heeres die Summe von 750,000 Thalern gestrichen und
der Rest blos als Extraordinarium, also blos für das laufende Jahr
bewilligt wurde. Trotzdem schloß der König am 5. Juni die Session des
Landtags mit einer Thronrede, in der er sich mit den Resultaten derselben
befriedigt erklärte.
„Wenn, sagte er, die Vertretung des Landes in religiösem Eifer
und einträchtigem Streben am Wohle des Vaterlandes mit Mir weiter
arbeitet, wenu wir die Schranken inne halten, deren Ueberschreitung nur
der in Europa regen Partei des Umsturzes Vorschub leisten könnte, dann
darf ich unter Gottes gnädigem Beistande einem gesegneten Fortgange
Meiner Negierung entgegensehen. Gedenken Sie, meine Herren, Meines
Wahlspruchs: Königthum von Gottes Gnaden, Festhalten an Gesetz und
Verfassung, Treue des Volks und des siegbewußten Heeres, Gerechtigkeit,
Wahrheit, Vertrauen, Gottesfurcht! Folgen Sie stets mit Mir diesem
Wahlspruch; dann können Wir eine glückliche und hoffnungsreiche Zukunft
für unser theures Vaterland erwarten!“ Das Gleichgewicht zwischen der
Junkerpartei und der gemäßigt liberalen Partei, von denen jene im Herren-
hause, diese im Abgeordnetenhause die Majorität besaß und von denen jede
die Hälfte der Mitglieder des Ministeriums zu den ihrigen zählte, ent-
sprach den Intentionen des Königs, der zwar der Herrschaft der Junker-
partei, sobald er zur Herrschaft gekommen war, ein Ende gemacht hatte,
den Interessen derselben jedoch in keiner Weise zu nahe treten wollte und in
ihr einen Damm gegen das Drängen der liberalen Partei und der hinter
ihr stehenden und weiter strebenden demokratischen Elemente erkannte, so
daß ihm durch einen leichten Druck bald nach der einen, bald nach der
andern Seite die Initiative gesichert zu sein schien. Das preußische Volk
in seiner überwiegenden Mehrheit war indeß von diesem Gleichgewicht,
das eine durchgreifende und etwas raschere Entwicklung nach den Ten-
denzen der Zeit durch die starre Opposition des Herrenhauses geradezu
unmöglich machte und selbst die dringendsten Verbesserungen so lange wie
möglich hinausschob, nicht ebenso befriedigt. Die Landtags-Session des
Jahres 1861 war die letzte der verfassungsmäßigen Periode und das
preußische Volk hatte somit Gelegenheit, bei der Neuwahl des Abg.-Hauses
seine Wünsche neuerdings in berechtigter Weise an den Tag zu legen.