Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiter Jahrgang. 1861. (2)

Deutschland — Preußen. 45 
und menschlicher Ordnung. III. Schutz und Werthachtung der ehrlichen 
Arbeit, jedes Besitzes, Rechtes und Standes; keine Begünstigung und aus- 
schließliche Herrschaft des Geldkapitals; kein Preisgeben des Handwerkes 
und Grundbesitzes an die Irrlehren und Wucherkünste der Zeit. Freiheit in 
der Theilnahme des Unterthanen an der Gesetzgebung und in der Autonomie 
und Selbstregierung der Korporationen und Gemeinden; Freiheit in der 
Festhaltung der schützenden Ordnung. Kein Einlenken in den bureau- 
kratischen Absolutismus und in die soziale Knechtschaft durch das Mittel 
einer schranken- und zuchtlosen Anarchie und in die Nachahmung der poli- 
tischen und sozialen Gestaltungen, welche Frankreich in den Cäsarismus 
geführt. Ausbau unserer Verfassung im Sinne deutscher Freiheit, in Liebe 
und Treue zu König und Vaterland. Jeder der Unterzeichner ist Mitglied 
des hiesigen Vereins. Besondere Lokalvereine werden nicht gebildet“. 
23. Sept. Zweite Proclamation des Königs bezüglich seiner Krönung. 
 
 
 
 
23.9.  Oskar Becker wird von dem badischen Geschwornengericht zu 
20 jähriger Zuchthausstrafe verurtheilt. 
28.9.  Der Bischof von Kulm erklärt sich in einem Hirtenbriefe 
unumwunden gegen die polnische Agitation. 
29.9.  Eine preußische Note an Hamburg spricht sich über den Hannover'- 
schen Flottenantrag dahin aus, 
„daß ein unbefangenes Urtheil ohne Zweifel überall erkennen lassen wird, 
daß eine sofortige, der Bundesthätigkeit voraneilende Förderung und Durch- 
führung der Sache selbst, wie sie Hannover jetzt beabsichtigt, ganz unseren 
stets ausgesprochenen Wünschen gemäß, für uns in erster Linie steht, und 
daß es dieses praktische und sofortige Vorgehen ist, worauf überall 
unsere Bestrebungen gerichtet sind. Nachdem nunmehr auch Hannoverscher- 
seits ein so erfreulicher Anstoß gegeben ist, glaubt die Königliche Regierung 
nicht mehr zweifeln zu dürfen, daß auch seitens der freien und Hansestadt 
Hamburg ein ernstlicher Schritt geschehen werde; denn es würde nunmehr 
die Preußischen und Hannover'schen Wünsche gleichmäßig unberücksichtigt 
lassen, wenn der patriotische Sinn, der nun auch in Hannover zum raschen 
Handanlegen und zu wirklichen Leistungen drängt, nicht auch in Hamburg 
vor allen anderen Fragen eine endliche Verwirklichung fände“. 
29.9.  Aufruf des Central- Wahlcomité der deutschen Fortschrittspartei: 
„Daß die nächsten Jahre von einer entscheidenden Wichtigkeit in der großen 
Bewegung unserer Tage sein werden, ist Niemandem zweifelhaft. In ge- 
spannten Verhältnissen der innern und äußeren Lage drängen die höchsten 
Fragen der Gesetzgebung und der Politik zur Entscheidung. Auf die Art 
dieser Entscheidung muß der Ausfall der bevorstehenden Wahlen einen mäch- 
tigen Einfluß üben. Zu ihnen werden daher von allen Seiten die Kräfte 
in Bewegung gesetzt. Die absolutistisch- aristocratische Partei, 
welche sich die conservative nennt, rüstet sich, die vor drei Jahren ver- 
lorene Herrschaft wieder zu gewinnen. Gelänge es ihr, das Haus der Ab- 
cordneten zu beherrschen, wie sie das gegenwärtige Herrenhaus beherrscht, 
so würde eine Periode der Reaktion wiederkehren, wie sie zehn Jahre lang 
Preußen im Innern zerrüttet und vor dem Auslande erniedrigt hat. Ihr 
gegenüber wird die große liberale Mehrheit des Landes überall 
einig zusammenstehen. Sie ist einig in dem Streben nach einer fortschreiten- 
den Entwickelung unserer Gesetzgebung auf dem konstitutionellen Boden, 
wie in dem Streben nach einer Einigung Deutschlands unter 
preußischer Führung in Verbindung mit einer deutschen 
Volksvertretung. Sie muß auch einig sein in der Erkenntniß und in 
dem festen Willen, daß nicht länger gezögert werden darf, diesen Bestre-
	        
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