Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiter Jahrgang. 1861. (2)

Deutschland (ohne Preusen). 59 
dung entgegenzutreten; — gegen den Bundesbeschluß vom 27. März 1859 
und die demselben zu Grunde liegenden dem bayerischen Verfassungsrecht 
widersprechenden Prinzipien feierlichst Berwahrung einzulegen; in fernerer 
Erwägung: daß durch die Verfassungswirren in Kurhessen das Staats- und 
Rechtsleben eines der besten deutschen Stämme untergraben, das Rechts- 
gefühl des deutschen Volkes verletzt, den verderblichen Bestrebungen der Par- 
teien im Innern, sowie dem äußern Feinde Vorschub geleistet wird, daß 
somit die Herbeiführung rechtlich geordneter Verfassungszustände in Kurhessen 
nicht blos ein Gebot des Rechtes, sondern auch unverschiebliche Aufgabe der 
Politik ist, — an S. M. den König die allerehrfurchtsvollste Bitte zu 
stellen: Allerhöchstdieselben möchten geruhen, das k. Staatsministerium an- 
zuweisen, zur Herstellung rechtlich geordneter Verfassungszustände in Kur- 
hessen nach Kräften mitzuwirken“. 
16. März. (Württemberg.) Die Kammer der Abg. verwirft mit 63 
 
 
 
 
gegen 27 Stimmen das Concordat mit Rom und beschließt nach 
dem Antrage der Minorität ihrer Commission: 
„Daß sie die mit dem päpstlichen Stuhl zur Regelung der Angelegenhei- 
ten der katholischen Kirche in Württemberg am 8. April 1857 abgeschlossene 
und zur allgemeinen Kenntniß gebrachte Vereinbarung als unverbindlich 
betrachte, demgemäß gegen deren Vollzug Verwahrung einlege und an 
die k. Staatsregierung die ehrfurchtsvolle Bitte stelle, in dieser Erwägung 
die Verordnung vom 21. December 1857, betreffend die Bekanntmachung 
einer auf die Verhältnisse der katholischen Kirche bezüglichen Vereinbarung, 
außer Wirkung zu setzen und diese Verhältnisse im Wege der Landes- 
gesetzgebung zu ordnen“. 
18.3. (Anhalt-Bernburg.) Der Landtag beschließt einstimmig, daß 
er fortwährend im Vertrauen zu dem Minister v. Schätzell stehe. 
20.3. (Bayern.) Die Kammer der Abgeordneten beschließt die bis- 
herigen Beschränkungen der Israeliten bezüglich Ansässigmachung 
und Gewerbsbetrieb zu beseitigen. 
21.3.  (Sachsen). Da die Debatten der II. Kammer ergeben, daß 
die Regierung bezüglich der Magistrate und Stadtverordneten regel- 
mäßige Conduitenlisten führe und dies einen Sturm in der Kammer 
erregt, so sieht sich der Minister von Beust zu der Erklärung ver- 
anlaßt, daß die Regierung keinen Werth auf die Fortführung dieser 
Listen lege und sie von jetzt ab aufgeben werde. 
23.3. (Württemberg.) Der Chef des Kultusministeriums v. Rümmelin 
tritt in Folge der Verwerfung des Concordats zurück; Minister 
von Linden bleibt. 
25.3. (Braunschweig.) Der Landtag beschließt auf den Antrag 
seines Ausschusses ohne jede Debatte in feierlicher Weise durch 
Aufstehen von den Sitzen bezüglich der kurhessischen Frage: 
„Die Abgeordnetenversammlung hat nur mit Befriedigung Kenntniß davon 
nehmen können, wenn die herzogl. Landesregierung die Beseitigung der kur- 
hessischen Verfassung durch den Bundesbeschluß vom 27. März 1852 mittels 
ihres Separatvotums zu diesem Bundesbeschlusse zu verhindern bemüht ge- 
wesen ist, und beschließt in Erwägung, daß 1) der Bundesbeschluß vom 
27. März 1852 dem klaren Wortlaut des Art. 56 der Wiener Schlußakte 
zuwiderläuft, nach welchem die in anerkannter Wirksamkeit bestehende Ver- 
fassung eines deutschen Staates nur auf verfassungsmäßigem Wege wieder 
abgeändert werden kann, daß 2) dieser Bundesbeschluß in seinen, auf alle 

	        
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