Deutschland (ohne Preußen). 67
tretungen wird auf die Volkszahl der Vereinsstaaten geeignete Rücksicht zu
nehmen sein". (Ueber die meisten dieser Sätze fand gar keine Abstimmung
statt, da kein Widerspruch erhoben wurde.)
15. Mai. (Frankfurt.) Die gesetzgebende Versammlung beschließt ein-
stimmig ein Ersuchen an den Senat, daß der Bundestagsgesandte
der Stadt für Wiederherstellung der kurhessischen Verfassung von
1831 stimme und nach Kräften wirke.
16.5. Eine Mainzollconferenz in München schließt eine Uebereinkunft
zwar nicht für völlige Abschaffung, aber doch für eine sehr bedeutende
Ermäßigung der Mainzölle.
16.5. (Bayern.) Die Abg.-Kammer lehnt einen Antrag auf Er-
weiterung des Amnestiegesetzes vom 22. Dec. 1849 mit großer
Mehrheit ab.
17.5. (Sachsen.) Die II. Kammer beschließt mit 62 gegen 1 Stimme:
„Im Verein mit der ersten Kammer die Staatsregierung Zu ersuchen:
auf Herstellung einer kräftigen deutschen Centralgewalt mit Volksvertretung
hinzuwirken; zugleich aber zu beantragen: die Staatsregierung wolle ins-
besondere für sofortige Regelung der Frage über den Oberbefehl des deut-
schen Bundesheeres mit bemüht sein".
18.5. Der Ausschuß des Nationalvereins versammelt sich in Frankfurt:
„Angesichts der Wechselfälle, welche der gegenwärtige Stand der schleswig-
holstein'schen Angelegenheit in Aussicht stellt, wurden die in Hamburg und
Bremen eingeleiteten Bestrebungen, zum Behufe des Küstenschutzes eine
Flottille von Dampfkanonenbooten für die Nordsee zu schaffen, mit lebhafter
Anerkennung begrüßt. Der Ausschuß beschloß, diese Bestrebungen zur nach-
drücklichsten Unterstützung den Mitgliedern des Vereins um so dringender
zu empfehlen, je weniger eine Aussicht vorhanden ist, daß die Sache des
Küstenschutzes von Seiten des Bundestages irgend eine Förderung erhalten
werde, so daß die Uferstaaten lediglich auf sich selbst gestellt sind. Der Aus-
schuß anerkannte dabei die Richtigkeit der in Hamburg und Bremen hervor-
getretenen Auffassung, daß ein so wichtiges Unternehmen nur gelingen könne,
wenn die organisirten Staatsgewalten, zunächst also die der unmittelbar be-
theiligten Uferstaaten die Sache in die Hand nehmen, und daß eine Samm-
lung von Beiträgen für diesen Zweck bei Privatleuten und Corporationen,
wie sie neuerdings im Königreich Sachsen erfolgreich betrieben wird, nur
aushilfsweise dort von Bedeutung sei, wo auf eine bereitwillige und ausrei-
chende Unterstützung seltens der Staatsgewalten keine Aussicht ist. Der Aus-
schuß hielt es für Pflicht, nicht nur der Mitglieder des Vereins, sondern
überhaupt jedes Patrioten, die ernsteste und aufopferndste Thätigkeit auf die-
sem Gebiete nicht abhänglg zu machen von der officiellen Mitwirkung der
preußischen Regierung bei den hervorgetretenen Bestrebungen in den Nord-
seestaaten. Man entschied sich für die Ansicht, daß die Staaten an der Nord-
see ohne Rücksicht darauf, ob eine formelle Zustimmung der preußischen Re-
gierung oder eine vertragsmäßige Vereinigung mit derselben bereits erfolgt
ist, durch den thatkräftigen, wenn auch vorerst localen Anfang der Begrün-
dung einer deutschen Marine dem übrigen Deutschland ein Beispiel prak-
tischer Entschlossenheit darbieten würden. Ein solches Beispiel werde in
ganz Deutschland rasch zu lebhafter Nachfolge anfeuern. Es werde aber auch
von Neuem der preußischen Regierung in unmittelbare Nähe den
Entschluß rücken, endlich der unthätigen Politik der sog. freien Hand zu ent-
sagen. Nur durch eine offene Handlungsweise im nationalen, wie im
wohlverstandenen preußischen Interesse wird die preußische Regierung es er-
möglichen, daß aus kleinen und vereinzelten Anfängen eine ausreichende
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