Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfter Jahrgang. 1864. (5)

122 Deutschland. 
8. Aug. (Holstein und Schleswig). Versammlung des Corps der 
schleswig-holsteinischen Prälaten= und Ritterschaft. Es sind 29 Mit- 
glieder anwesend, welche sich mit allen gegen 5 Stimmen für das 
von Preußen gewünschte Interim und für einen engen Anschluß an 
Preußen aussprechen: 
,, .  .  . Während Prälaten und Ritterschaft der Herzogthümer Schleswig- 
Holstein sich der Ueberzeugung hingeben, daß die Erbfolgefrage dem Recht des 
Landes entsprechend erledigt werden wird, glauben sie sich, den Mächten gegen- 
über, welche bei der Regelung der staats= und völkerrechtlichen Verhältnisse 
ihres Vaterlands das Hauptgewicht in die Wagschaale legen werden, über zwei 
Punkte aussprechen zu müssen, deren Feststellung ihnen für das Wohl des 
Vaterlands von großer Bedeutung erscheint. Der erste derselben betrifft eine 
ohne weitern Aufschub sofort herbeizuführende Wiederherstelung  einer 
gemeinsamen einheitlichen Regierung für beide Herzogthümer. 
Die Vereinigung derselben wird geboten durch das uralte anerkannte Recht, 
die uralte Gewohnheit und Liebe des Zusammenseins, endlich durch den großen 
Nutzen, den sie stets gebracht. Prälaten und Ritterschaft sind zu fest davon 
überzeugt, daß die Vereinigung beider Länder Hauptbedingung ihres Wohls 
und Gedeihens ist, um nicht den lebhaften Wunsch auszusprechen, daß dieselbe 
bald, ja sobald die Umstände solches irgend gestatten, möchte ins Leben gerufen 
werden. Der zweite Punkt, dessen Prälaten und Ritterschaft zu erwähnen 
sich erlauben, berührt in anderer, aber ebenfalls sehr wesentlicher Weise das 
Wohl ihres Vaterlands. Prälaten und Ritterschaft glauben aussprechen zu 
müssen, daß ihrer Ansicht zufolge ein enger Anschluß des Staats Schleswig- 
Holstein an einen mächtigen deutschen Staat im höchsten Grade den Interessen 
und zugleich den Wünschen des Landes gemäß ist, und sind der Ansicht, daß 
ohne eine solche Anlehnung an eine kräftige Stütze Schleswig-Holstein schweren 
und gefahrvollen Verwicklungen entgegengehen könnte; sie wünschen diesen An- 
schluß um so mehr, als sie überzeugt sind, daß derselbe auch den Interessen 
des gemeinsamen deutschen Vaterlands entspricht. Diesen zu dienen werden 
die befreiten Herzogthümer stets freudig bereit sein. Prälaten und Ritterschaft 
werden deßhalb die Herbeiführung einer Gemeinsamkeit der di- 
plomatischen, militärischen und maritimen Verhältnisse ihres 
Vaterlandes mit dem preußischen Staat als ein für alle Theile 
heilversprechendes Ereigniß begrüßen.“ 
9. „ (Lauenburg). Der Bundesgeneral Hacke läßt das bisher von 
Executionstruppen völlig entblößte Land durch Hannoveraner besetzen. 
„ „ (Nassau). Die II. Kammer erklärt sich mit 14 gegen 6 Stimmen 
für die Wiederherstellung der (noch immer zu Recht bestehenden) Ver- 
fassung v. 28. Dec. 1849 und des Wahlgesetzes v. 25. April 1849. 
Die Regierung erklärt, „sie werde dem Antrag keine Folge geben 
und jeden etwaigen Angriff auf die bestehende Verfassung mit aller 
Entschiedenheit zurückweisen.“ 
10. „ (Holstein). Der frühere Präsident der holsteinischen Stände- 
versammlung, Baron Karl v. Scheel-Plessen, wird telegraphisch nach 
Wien berufen, um bei den Friedensunterhandlungen behülflich zu sein. 
„ „ (Mecklenburg). Der Justizminister hat von den Strafanstalten 
und höhern Gerichten Gutachten darüber eingefordert, ob die Prügel 
als Strafe für Gesetzesübertretungen und als Mittel zur Beahndung 
von „Lügen und Aufzüglichkeiten" im Inquisitionsprocesse zu ent-