Preußen und der norddeutsche Bund. 103
unterstützt werden würde. Vor Allem aber wäre erforderlich, daß die groß-
herzogliche Regierung ihre Willensmeinung bestimmt formulirte, und nach
der Bereitwilligkeit, welche dieselbe gezeigt hat, an dem nationalen Werke,
an welchem sie bisher nur für Oberhessen vollständig betheiligt ist, mitzu-
wirken, dürfen wir mit Vertrauen die Entschließung, die Entscheidung über
die Frage der großherzoglichen Regierung überlassen, die am besten wissen
muß, was ihrem Interesse frommt, und der ich aus bundesfreundlichen
Rücksichten hier durch eine Erklärung nicht glaube vorgreifen zu dürfen."“
Fortsetzung der Verfassungsdebatte. — Art. 65 (Etatsbewilligung).
Amendement Duncker (Fortschrittspartei): Alle Ausgaben des Bundes,
einschließlich derjenigen für das Marine= und Kriegswesen, so wie alle Ein-
nahmen des Bundes werden jährlich im Voraus veranschlagt und auf den
Bundeshaushaltsetat gebracht. Letzterer wird jährlich durch ein Bundesgesetz
sestgestellt. — Amendement Migquel (National-Liberale): a) Alle Ein-
nahmen und Ausgaben des Bundes müssen für jedes Jahr veranschlagt und
auf den Bundeshaushaltsetat gebracht werden. Letzterer wird vor Beginn
des Etatsjahrs nach folgenden Grundsätzen festgestellt, b) die gemeinschaft-
lichen Ausgaben werden in der Regel für ein Jahr bewilligt, können jedoch
in besonderen Fällen auch für eine längere Dauer bewilligt werden. Wäh-
rend der im Art. 58 normirten Uebergangszeit ist der nach Titeln geordnete
Etat über die Ausgaben für das Bundesheer dem Bundesrathe und dem
Reichstage nur zur Kenntnißnahme und zur Erinnerung vorzulegen. —
Amendement Bethusy-Huc (Freiconservative): Die im Art. 58 ver-
fassungsmäßig festgestellten Beträge werden auch nach dem Zeitpunkt. bis zu
welchem sie bewilligt sind, so lange nach Maßgabe des Art. 67 forterhoben.
bis sie durch ein nach Art. 5 zu Stande gekommenes Bundesgesetz abgeändert
worden sind. — Amendement Münchhausen: Dreijährige Finanz-
perioden.
Bei der Abstimmung wird nur das Amendement Micgquel (a)
mit 145 gegen 122 Stimmen angenommen, dagegen die Amende-
ments Migquel (b), Duncker, Bethusy-Huc und Münchhausen ohne
Zählung abgelehnt.
Debatte über Art. 66 (Einnahmen):
Amendement Miquel (National-Liberale): Zur Bestreitung aller
gemeinschaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Ueberschüsse der
Vorjahre, so wie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern,
aus dem Post= und Telegraphenwesen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen.
Insoweit dieselben durch diese Einnahmen nicht gedeckt werden, sind sie, so
lange Bundessteuern nicht eingeführt sind, durch Beiträge der einzelnen
Bundesstaaten nach Maßgabe iorer Bevölkerung aufzubringen, welche im
Wege der Bundegesetzgebung festgestellt und demnach durch das Präsidium
ausgeschrieben werden.
wird mit Mehrheit ohne Zählung angenommen.
Art. 67 (Rechnungsablegung):
Amendement Duncker (Fortschriktspartei): Steuern und Abgaben
für den Bund dürfen nur so weit sie in dem Bundeshaushalts-Etatsgesetze
angeordnet sind, erhoben werden. — Die Ausnahme von Anleihen für den
Bund findet nur auf Grund eines Bundesgesetzes statt; dasselbe gilt von
der Uebernahme von Garantien zu Lasten des Bundes. — Zu Etatsüber--
schreitungen ist die nachträgliche Genehmigung des Reichtags erforderlich. —
Die Jahresrechnung über den Bundeshaushalts-Etat wird nach stattgesundener
Prüfung durch einen Bundesrechnungshof dem Reichstage zur Entlastung
des Bundespräsidiums vorgelegt. — Ein Gesetz über die Bildung des Bundes-