144 Die sũddeutschen Slaaten.
11. Febr. (Württemberg). II. Kammer: Debatte über den Entwurf
eines Verfassungs- und eines Wahlgesetzes.
Hopf trägt auf Wiederherstellung des Wahlgesetzes vom 1. Juli 1849
an. Die Mehrheit der Verfassungscommission beantragt: eine Beschluß-
fassung über die Giltigkeit dieses Gesetzes für jetzt abzulehnen, die Min-
derheit: der Regierung die Berufung einer verfassungrevidirenden Landes-
versammlung nach diesem Gesetz zu empfehlen.
Der Antrag der Commissionsmehrheit wird nach längerer De-
batte mit 68 gegen 14 Stimmen angenommen.
Bezüglich des Verfassungsgesetzes beantragt die Commission: „die
Kammer wolle sich auf eine Berathung und Beschlußfassung über die das ac-
tive Wahlrecht und das Wahlsystem betreffenden Artikel des Entwurfs be-
schränken, ebenso von dem Entwurf eines Wahlgesetzes nur die auf die Wahlen
der Oberamtsbezirke und Städte bezüglichen Artikel in Berathung nehmen,
sodann aber an die Regierung die Bitte richten, behufs der Revision der üb-
rigen Theile der Verfassung der Landesvertretung baldmöglichst neue geeignete
Vorlagen zugehen zu lassen.“ Die Regierung zieht den übrigen Theil ihres
Entwurfes zurück und die Kammer tritt in die Specialberathung ein und
beschließt in Art. 1, daß die Abgg. der Städte und Oberamtsbezirke durch
diejenigen württembergischen Staatsbürger direct gewählt werden sollen,
welche in dem Wahlbezirk ihren Wohnsitz oder Aufenthalt“ haben und nicht
ausdrücklich ausgeschlossen sind. (Diese Bestimmung ist noch liberaler und
weitgehender als die des Wahlgesetzes vom 1. Juli 1849, welche wenigstens
die Zahlung einer directen Steuer verlangte.) Art. 4 bestimmt geheime
Stimmgebung. Art. 5 setzt fest, daß eine giltige Wahl am ersten Wahl-
termin nur durch die Abstimmung von wenigstens zwei Dritteln der Wahl-
berechtigten zu Stande kommt. Ist dieß nicht der Fall, so werden so lange
weitere Wahltermine anberaumt, bis mindestens die Hälfte der Wahlberech-
tigten ihre Stimmen abgegeben hat. Art. 11 bestimmt, daß, wenn keiner
der Candidaten mindestens den dritten Theil der abgegebenen Stimmen er-
halten oder der Gewählte die Wahl nicht angenommen hat, eine neue Wahl
anzuordnen ist.
Das Wahlgesetz als Ganzes wird schließlich mit allen gegen 1
Stimme angenommen.
12.2. (Baden). Die II. Kammer genehmigt das ordentliche Kriegs-
budget für die Jahre 1868/69.
Dasselbe entziffert sich auf beinahe 94 Mill., fast 2 Mill. mehr als bis-
her, ist indeß die einfache Folge des bereits genehmigten Contingentgesetzes
und gibt daher zu keinen besonderen Debatten Veranlassung. Die Formation
des badischen Armeecorps schließt sich überall streng den Grundsätzen der nord-
deutschen Kriegsformation an; ebenso der neue Gagentarif, welcher das etwas
modificirte preußische System einführt. Die Gagen sind durch Bewilligung
sog. Servisgelder durchgehends erhöht, und stellen sich bei den niedern Char-
gen theilweise noch günstiger, bei den höhern jedoch etwas geringer als in
Preußen. Die Commission beantragt einige Ermäßigungen, mit denen sich
die Reglerung einverstanden erklärt.
12.2. (Baden). Der Großherzog überträgt die Neubildung des Mi-
nisteriums dem Staatsrath Jolly. Dasselbe constituirt sich sofort.
Der Kriegsminister Ludwig und der Justizminister Stabel erhalten
ihre Entlassung.
13.2. (Baden). II. Kammer: Der neue Ministerpräsident legt der-
selben sein Programm vor: