Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunter Jahrgang. 1868. (9)

Oesterreich· Ungarn. 197 
Einnahmen vollständig und in solchen Zeiträumen abzuführen, daß der ge- 
meinsame Finanz-Haushalt nicht ins Stocken geräth." « 
3. Gesetz vom 24. Dec. 1867, wodurch das Ministerium der im Reichs- 
rathe vertretenen Königreiche und Länder zur Vereinbarung eines Zoll- 
und Handelsbündnisses mit dem Ministerium der Länder der 
ungarischen Krone ermächtigt wird. Es heißt darin: Art. 1. Die Länder- 
gebiete beider Theile bilden während der Dauer dieses Bündnisses und im 
Sinne desselben zusammen ein Zoll= und Handelsgebiet, umgeben von einer 
gemeinsamen Zollgrenze. In Folge dessen wird keinem der beiden Theile 
während der Dauer dieses Bündnisses das Recht zustehen, Verkehrsgegen- 
stände, welche aus dem Ländergebiete des einen Theiles in das Ländergebiet 
des anderen Theiles übergehen, mit Ein-, Aus= oder Durchfuhr-Abgaben, 
welcher Art immer, zu belasten und zu diesem Zwecke eine Zwischenzoll-Linie 
zu errichten. Mit inneren Abgaben, welcher Art immer, und für wen immer 
dieselben eingehoben werden, darf der eine Theil die aus dem Ländergebiete 
des anderen Theiles eingeführten Artikel nur in solchem Maße belasten, in 
welchem derselbe die ähnlichen Gewerbserzeugnisse oder Produkte seines ei- 
genen Ländergebietes belastet. Ausgeschlossen von dieser gemeinsamen Zollgrenze 
bleiben die gegenwärtigen Zollausschlüsse. Art. 2. Die bis zum Beginne der 
Wirksamkeit des gegenwärtigen Zoll= und Handelsbündnisses mit fremden 
Staaten abgeschlossenen Verträge, welche die Regelung wirthschaftlicher Be- 
ziehungen zum Auslande bezwecken, insbesondere Handels-, Zoll-, Schiffahrts-, 
Consular-, Post= und Telegraphen -Verträge, haben während ihrer ganzen 
Dauer sowohl für die Länder der ungarischen Krone, als für die im Reichs- 
rathe vertretenen Königreiche und Länder gleich bindende Kraft. Art. 3. Die 
Negociirung und der Abschluß neuer derartiger Verträge geschieht vorbehalt- 
lich der verfassungsmäßigen Genehmigung beider Legislativen nur durch den 
Minister des Aeußern auf Grundlage der Vereinbarungen, welche zwischen 
den betreffenden Ressort-Ministern beider Theile Statt zu finden haben. 
9. Jan. (Ungarn: Croatien). Eröffnung des Landtags in Agram. Ein 
15. 
k. Rescript fordert den Landtag auf, die durch die Kriegsereignisse 
unterbrochene (resp. damals gescheiterte) Verhandlung mit dem un- 
garischen Landtag durch Regnicolardeputation wieder aufzunehmen 
und mit der gleichen Deputation des ungarischen Landtags neuer- 
dings in Pesth zusammenzutreten. 
„ Eine kaiserl. Verordnung hebt das bisherige Armee-Obercom- 
mando des Erzherzogs Albrecht auf und ernennt denselben zum 
Armee-Commandanten. 
Die offizielle Wiener Zeitung erläutert die Maßregel folgendermaßen: 
„Die allerh. Sanction der neuen Staatsgrundgesetze, insbesonders jenes über 
die Ministerverantwortlichkeit, hat es nothwendig gemacht, auch in dem gegen- 
wärtigen Wirkungskreise der bisher. obersten Militärbehörden elne den verän- 
derten Verhältnissen entsprechende Regelung eintreten zu lassen. Se. Maj. 
hat demgemäß anzuordnen geruht, daß vom 1. Febr. 1868 an die Gestionen 
des bisherigen Armee-Obercommando's an das Reichs-Kriegsministeriuur über- 
gehen, während der Erzherzog Albrecht künftighin als „Armee-Commandant" 
die Inspicirung der Armee vorzunehmen, sowie deren kriegstüchtige Ausbil- 
dung in ihrem ganzen Umfange zu überwachen und die ihm zustehenden Vor- 
schläge an das Reichskriegsministerium zu richten hat.“ (Der Unterschied zwi- 
schen dem bisherigen Armee-Obercommando und dem neuen Armee-Inspecto= 
rate ist augenfällig. An Stelle der selbständigen Behörde tritt ein Functionär, 
dessen Vorschläge an die verantwortliche Centralstelle geleitet werden müssen, 
um als Verordnungen Kraft und Geltung in der Armee zu erlangen.)