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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
in nahe Aussicht stellt, gleichzeitig aber die Ausscheidung des Doma-
niums zu Gunsten des Landes betont und die Ausarbeitung des nächst-
jährigen Budgets zu diesem Zweck als in Auftrag gegeben bezeichnet.
Das Präsidium spricht der Regierung Namens der Versammlung seine
Befriedigung über diese Mittheilung und seinen Dank aus.
„ (Preußen und Baden) einigen sich über die bisher zwischen
ihnen streitige Militärkirchenordnung für das badische Contingent.
„ (Elsaß-Lothringen.) Differenz zwischen der römischen Curie
und der kaiserlichen Regierung bezüglich der Giltigkeit des französischen
Concordats von 1801 für die neuen Reichslande. Ein Mißgriff der
Curie in der Verfolgung ihrer Ansprüche gegen den Staat wird von
der Regierung sofort ergriffen, um die Rechte des Staats gegen die
Ansprüche der Kirche festzuhalten.
Unter dem 3. Jan. I. Is. hatte nämlich der Cardinal Antonelli dem
Bischof von Straßburg angezeigt, daß die Römische Curie das Concordat von
1801 nicht mehr als zu Recht bestehend anerkenne: „Erlauchtester und ehr-
würdigster Herr! In Beantwortung des Briefes, den Eure Gnaden am
28. November an den heiligen Vater gerichtet haben, beeile ich mich, Ihnen
kund zu geben, daß es nicht zweckmäßig erscheine, auf den in Ihrem Briefe
enthaltenen Erwägungen zu bestehen, um die in Betreff der Ernennung der
Cantonalpfarrer entstandenen Verwicklungen zu lösen, und zwar aus dem
Grunde, weil das Concordat von 1801 dort von dem Augenblick an keine
Kraft mehr hat, in welchem Elsaß ein Theil des deutschen Reiches geworden
ist. Indem ich Sie zugleich versichere, daß der heilige Stuhl nicht ermangeln
wird, im geeigneten Augenblicke eine angemessene Verständigung mit der preu-
ßischen Regierung in Betracht zu ziehen, habe ich das Vergnügen 2c." Die
offiziöse Presse acceptirte diese Erklärung der römischen Curie sofort mit dem
Beifügen, daß als einfache Consequenz derselben von staatlicher Seite „die
betreffenden Verhältnisse nunmehr (nicht etwa durch ein Concordat, sondern)
im Wege der Gesetzgebung würden geordnet werden“". Die Curie erkannte
auch sofort den begangenen Mißgriff und Cardinal Antonelli richtet daher
unter dem 10. Febr. ein neues Schreiben an den Bischof von Straßburg
folgendes Inhalts: „Hochwürdigster Herr! Die Mittheilung, welche Ew. Hoch-
würden dem Gouverneur Ihrer Stadt Betreffs meines Schreibens vom 3. des
vergangenen Monats gemacht, hat der Regierung des deutschen Reiches den
Gedanken eingeflößt, daß man ihr durch den Inhalt dieses Briefes das Con-
cordat von 1801 habe aufklindigen wollen. Deßhalb beeile ich mich, Ihnen
mitzutheilen, daß dieses keineswegs die Absicht des hl. Stuhles gewesen ist
und daß der hl. Stuhl der kaiserlichen Regierung kein Concordat zu kündigen
hat. [Der Cardinal will wohl sagen, daß das Concordat schon durch die
Ereignisse außer Wirksamkeit gesetzt worden sei.] Man wollte Ew. Hochwür-
den nur den Standpunkt andeuten, auf welchen sich der hl. Stuhl Betreffs
des Concordats stellt, insofern es die Provinzen betrifft, welche Frankreich nicht
mehr angehören, und derselben zu verstehen geben, daß für die Regulirung
der religiösen Angelegenheiten dieser Provinzen eine specielle Convention mit
der kaiserlichen Negierung Deutschlands nothwendig sei. So lange diese Con-
vention nicht abgeschlossen ist, müssen die Bestimmungen des Concordats Be-
treffs aller Punkte, welche nach dem Artikel 17 keine neue Convention mit
dem hl. Stuhle erheischen, fürderhin beobachtet werden. Deßhalb steht der
Anerkennung der Herrn Cantonalpfarrer durch den Staat nichts im Wege.
Ew. Hochwürden werden indeß begreifen, daß es vorzuziehen wäre, sich, wie
dieses übrigens in Deutschland Gebrauch ist, vorher über diese Ernennungen