Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

10 Allgemeine Chronik. 
30. März [England.] Unterhaus: lehnt das von Bright beantragte Frauenstimm- 
recht neuerdings mit 222 gegen 155 Stimmen ab. 
31. "  [Deutschland: Mecklenburg] schließt eine neue Militärconvention mit 
Preußen ab. 
„ [Frankreich.] Nat.-Versammlung: beschließt mit 393 gegen 213 Stimmen, 
der Stadt Lyon, deren Gemeinderath entschieden republikanisch und namentlich 
anti-clerical gesinnt ist, eine der Pariser analoge Municipalverfassung zu 
geben; die Regierung ist ihrerseits damit einverstanden und das linke Centrum 
stimmt mit der Mehrheit. Die Debatte ist eine sehr leidenschaftliche und 
der Präsident der Versammlung, Grevy, legt in Folge derselben seine Stelle 
nieder. 
„ [Dänemark.] Folkething: beschließt mit 55 gegen 34 Stimmen, dem Mini- 
sterium in einer Adresse an den König ein Mißtrauensvotum zu ertheilen. 
— „ [Spanien.] Die Carlisten machen im Norden beständig Fortschritte, wäh- 
rend im ganzen Süden des Landes eine völlige Desorganisation und größten- 
theils geradezu Auflösung der Armee eingetreten ist, so daß der Norden mit 
Ausnahme der Festungen und befestigten Städte den Carlisten preisgegeben 
werden muß und diese hier wenig Widerstand finden. 
„ [Türkei.] Die Pforte gibt die internationale Lösung der bez. der Ab- 
gaben für die Benützung des Suezcanals eingetretenen Streitigkeiten zu, setzt 
aber gleichzetig eine türkische Commission zur Feststellung einer authentischen 
Interpretation des kais. Fermans über die Erhebung der Suezcanalabgaben nieder. 
1. April. [Deutsches Reich.] Reichstag: Da die Reichsregierung ihrerseits die 
Initiative nicht ergreifen will, so bringen die Abgg. Völk und Hinschius 
einen vollständig ausgearbeiteten Gesetzesentwurf über die bürgerliche Form 
der Eheschließung ein. 
„ [Deutschland: Bayern.] Die kgl. Abschiede auf die Beschlüsse, Anträge 
und Wünsche der letzten Session der Landräthe zeigen sehr deutlich das Be- 
streben der Regierung, die Schulaufsicht mehr und mehr für den Staat in 
Anspruch zu nehmen. 
2.   „ [Deutsches Reich.] Reichstag: genehmigt neuerdings den sog. Antrag Las- 
ker auf Ausdehnung der Competenz des Reichs auf das gesammte bürgerliche 
Recht, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren mit größter Mehrheit 
fast nur gegen die Stimmen der clericalen Partei. 
„ „ [Dänemark.] Landsthing: schließt sich dem Mißtrauensvotum des Folke- 
things gegen das Ministerium nicht an. 
3. „ (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.] Der Kaiser sanctionirt die Wahlreform 
des Reichsraths. Die glückliche Durchführung der großen Maßregel, die für 
die feudal - clerical - föderalistische Partei und ihre Bestrebungen ein tödtlicher 
Schlag ist, wird in einer Reihe von Städten wahrhaft großartig gefeiert. 
„ „ [Rom.] Der Papst erkrankt und seine Krankheit stellt sich bald als eine 
überaus schwere heraus, so daß im Vatican bereits Vorbereitungen für eine 
Papstwahl getroffen werden. 
4. „ [Deutschland: Preußen.] Abg.-Haus: genehmigt unverändert den Gesetzes- 
entwurf betr. die Dotation der Provinzialverbände. 
Herrenhaus: genehmigt auch in zweiter Abstimmung die Verfassungsver- 
änderung als Grundlage für die kirchenpolitischen Gesetzesentwürfe mit 87 
gegen 53 Stimmen. 
„ „ [Luxemburg.] Landtag: Die clericale Mehrheit desselben genehmigt 
mit 21 gegen 6 Stimmen das vom Papste einseitig errichtete Bisthum. 
„ [Frankreich.] Nat.-Versammlung: Der (der Linken angehörige) Präsident 
Grevy wird nur mit 349 gegen 231 Stimmen wieder gewählt, findet darin 
keine Genugthuung und nimmt die Wahl nicht an. Die Majorität der Ver- 
sammlung ersetzt ihn nunmehr mit 304 gegen 285 Stimmen durch den (der 
Rechten angehörigen) Hrn. Buffet. In dieser Wahl wie in der Maßregel 
 

	        
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