Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 163
München beschließen mit großer Mehrheit die vorläufige Errichtung
von zwei Simultanschulen. Die geistlichen Mitglieder der Local-Schul-
commission setzen dem Beschluß einen leidenschaftlichen Widerstand ent-
gegen, die protestantischen fast noch mehr als die katholischen. Der
Beschluß der Gemeindebehörden wird jedoch trotzdem von der Regie-
rung bestätigt.
17. Juli. (Preußen.) Der Bericht der Eisenbahn-Spezial-Untersuchungs-
commission wird dem Kaiser überreicht. Das Resultat der Unter-
suchung hat die Enthüllungen Lasker's und die Nothwendigkeit einer
anderen Ordnung des Eisenbahnconcessionswesens durchaus bestätigt.
18. „ (Preußen.) Der Fürstbischof von Breslau erläßt an sämmtliche
Erzpriester und Pfarrer seiner Diöcese die Weisung, daß sie jede sei-
tens der Landrathsämter an sie gelangende Aufforderung, auf Grund
der Maigesetze über Anstellung etc. von Geistlichen Auskunft zu geben,
in angemessener Form abzulehnen hätten. Einzelne Geistliche hatten
bisher, theilweise allerdings unter Protest, dießbezügliche Auskunft
ertheilt.
Der Cultminister läßt dem Fürstbischof ein Rescript in der An-
gelegenheit des zu den Altkatholiken übergegangenen Domherrn v. Richt-
hofen zugehen,
das die Verfügung trifft, daß trotz der Excommunication des Fürstbischofs
der Domherr nicht nur im Besitz der Wohnung und im Genusse des vollen
Gehalts verbleibe, sondern daß er auch an allen Berathungen des Domcapi-
tels theilzunehmen berechtigt, daß bei einer Bischofswahl sein Wahlrecht
unverkürzt gewahrt, ja daß ohne seine Zuziehung alle Beschlüsse desselben
ungültig sein sollen. Das „schles. Kirchenblatt", das amtliche Organ des
Fürstbischofs, erklärt daraufhin: „Das hochw. Domcapitel wird das Rescript
einfach ignoriren.“ Die liberalen Blätter meinen jedoch, daß das so leicht
nicht angehen werde, da sonst z. B. alle die zahlreichen Vermögensdisposi-
tionen des Domcapitels rechtlich ungültig sein würden.
19. „ (Preußen.) Der Bischof von Ermeland wird auch vom Ober-
tribunal mit seiner Klage wider den Fiscus wegen der gegen ihn ver-
fügten Temporaliensperre abgewiesen.
Gleich der ersten Instanz erkennt auch das Obertribunal, daß aus der
Bulle de salute animarum einem geistlichen Institute ein Klagerecht
zustehe, so lange die Ausführung der Dotation desselben den einzelnen
nicht Privateigenthum zugewiesen habe, und daß auch die Etats-
festsetzung für das Bisthum Ermeland eine bloße Regierungshandlung sei,
in keiner Weise vertragsmäßige Verpflichtungen der Staatscasse dem
Bisthum gegenüber begründet worden seien.
„ „ (Bayern.) Die Regierung bestätigt den Beschluß des Stadtraths
von Speyer, die dortige Klosterschule durch eine weltliche Mädchen-
schule zu ersetzen und weist die Klage des Bischofs von Speyer gegen
den Beschluß ab.
22.—28. „ (Hessen.) II. Kammer: Berathung des von der Regierung
ihr vorgelegten und von der Commission nicht wesentlich modifizirten
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