180
Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
kenberg, Most im 16. sächsischen Wahlkreise Chemnitz, Bebel im 17. sächsischen
Wahlkreise Glauchau-Merane, Motteler im 18. sächsischen Wahlkreise Zwickau-
Crimmitschau, Liebknecht im 19. sächsischen Wahlkreis Stollberg-Schneeberg,
York im 22. sächsischen Wahlkreis Reichenbach, York im Wahlkreis Hof,
Grillenberger im Wahlkreis Nürnberg, Most im Wahlkreis Augsburg, Sauren
im Wahlkreis Kempen (Rheinland), Joh. Jakoby im Wahlkreis Mainz,
Bracke im Wahlkreis Braunschweig; außerdem überließ der Congreß den
Local-Comité's zu Crefeld, Königsberg und im Leipziger Landkreis, Candi-
daten selbständig aufzustellen, welche als officielle gelten sollen. Damit ist
allerdings die Liste der von der Partei aufgestellten Candidaten nicht erschöpft,
doch sollen nur obige Kreise mit Geld und Agitation unterstützt werden;
einige davon verzichteten übrigens auf Geldunterstützung, so z. B. Augsburg,
Königsberg, Braunschweig.
25. Aug. (Deutsches Reich.) Der von der Reichsregierung in An-
regung gebrachte internationale Postcongreß, der im September in
Bern hätte stattfinden sollen, muß auf den Wunsch Rußlands auf
künftiges Jahr verschoben werden. Frankreich allein hat die Theil-
nahme an demselben abgelehnt.
26. „ (Preußen.) Der Staatsanz. veröffentlicht die vom Cultminister
erlassene Instruction für die durch das Gesetz vom 11. Mai ange-
ordnete wissenschaftliche Staatsprüfung der Candidaten des geistlichen
Amtes.
27.—28. „ (Preußen.) Conferenz (die sog. Augustconferenz) orthodoxer
lutherischer Mitglieder der preuß. Landeskirche in Berlin. Dieselbe be-
schließt eine Reihe von Thesen für die Aufrechthaltung des Bekenntnißzwan-
ges, gegen den Protestantenverein und gegen die Maigesetze und schließlich
eine Adresse an den Kaiser mit der Bitte um die volle Selbständigkeit
der luth. Kirche und die Redressirung des Urtheils des Oberkirchen-
raths in der Sydow'schen Angelegenheit, so wie eine weitere Adresse
an den Kaiser, das Unglück der Civilehe von Preußen abzuwenden.
Die Conferenz stellt sich in ihren Thesen gegenüber den Maigesetzen
principiell durchaus auf denselben Boden wie der ultramontane Katho-
lizismus, wagt es aber schließlich doch nicht, denselben Weg des Wider-
standes gegen die Staatsgewalt wie die ultramontanen Bischöfe zu
betreten.
Die Conferenz zählt über 1000 Theilnehmer. Außer den eifrigsten Häup-
tern der orthodox lutherischen Kirche, wie Pastor Knaak, Pastor Quistorp
etc. etc., sind darunter auch der ehemalige Ministerpräsident v. Manteuffel so
wie die Häupter der feudalen Partei des Herrenhauses, Kleist-Retzow, Senfft-
Pilsach, Graf Krassow u. A. Die angenommenen Thesen lauten:
I. Ueber die Stellung der Conferenz zur preuß. Landeskirche
(und der von der Regierung beabsichtigten neuen Organisation): „1) Die in
der Gegenwart hervorgetretenen Bestrebungen, die Selbständigkeit der Kirche
zu verkümmern und sie in eine ihrem Wesen und ihrer Aufgabe widerstrei-
tende Abhängigkeit vom Staate zu versetzen; — die Agitation, welche der
kirchenfeindliche Liberalismus in Aussicht auf die Veränderung der bisherigen
Grundlagen der Synodalverfassung bereits begonnen hat; — die Unfähigkeit
des Unionismus zu erfolgreichem Widerstande gegen die immer dreisteren
Forderungen des Unglaubens; — die selbst im öffentlichen Lehramte bald
verhüllter, bald rückhaltsloser kundgewordene Läugnung der wesentlichen