Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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Spanien. 
Aufrichligkeit meines Characters und einen mächtigen Beistand zur Beschwö- 
rung der Gefahren und zur Besiegung der meinem Blicke nicht verborgenen 
Schwierigkeiten in den Sympathien aller Spanier finden würden, die ihr 
Vaterland lieben und den eben so blutigen wie furchtbaren Kämpfen, welche 
schon so lange seine Eingeweide zerfleischen, ein Ziel zu setzen wünschen. Ich 
erkenne nun, daß ich mich in meiner Hoffnung getäuscht habe. Zwei lange 
Jahre sind es, daß ich die Krone Spaniens trage, und Spanien lebt in be- 
ständigem Kampfe und sieht die Zeit des Friedens und Glückes, welche ich 
so inbrünstig ersehne, von Tag zu Tag weiter hinausgerückt. Wenn die 
Feinde seines Glückes Fremde wären, dann würde ich, an der Spitze dieser 
eben so tapferen wie ausdauernden Soldaten, der Erste sein, sie zu bekämpfen. 
So aber sind Alle, die mit dem Schwerte, der Feder oder dem Worte die 
Leiden der Nation verlängern oder erschweren, Spanier; Alle rufen den 
süßen Namen des Vaterlandes an, Alle kämpfen und arbeiten für sein Wohl 
und inmitten des tosenden Kampfes der verworrenen, betäubenden und sich 
widersprechenden Rufe der Parteien, der zahlreichen und einander entgegen- 
gesetzten Aeußerungen der öffentlichen Meinung ist es unmöglich, zu erkennen, 
wo sich die Wahrheit befindet, und noch unmöglicher, ein Heilmittel für so 
viel große Uebel zu finden. Ich habe eifrig nach demselben gesucht inner- 
halb des Gesetzes und habe es nicht gefunden. Außerhalb des Gesetzes darf 
der es nicht suchen, der geschworen hat, das Gesetz zu beobachten. Niemand 
wird meinen Entschluß auf Characterschwäche zurückführen. Keine Gefahr 
hätte mich bewegen können, die Krone niederzulegen, wenn ich die Ueber- 
zeugung hätte, sie zum Wohl Spaniens zu tragen; auch ließ auf meinen 
Geist jene Gefahr keinen Eindruck zurück, welche das Leben meiner erhabenen 
Cemahlin bedrohte, die in diesem feierlichen Augenblicke gleich mir den leb- 
haften Wunsch ausspricht, daß man die Urheber jenes Mordversuchs begna- 
dige. Aber heute habe ich die feste Ueberzeugung, daß meine Anstrengungen 
fruchtlos und meine Absichten unausführbar sind. Dies, meine Herren Ab- 
geordneten, sind die Gründe, welche mich bewegen, der Nation und in deren 
Namen Ihnen die Krone zurückzustellen, welche mir die nationale Stimme 
angeboten hat, und ich verzichte darauf für ch meine Kinder und Nach- 
folger. Seien Sie überzeugt, daß ich, indem ich die Krone niederlege, nicht 
auch zugleich meiner Liebe für dieses eben so edle als unglückliche Spanien 
entsage, und daß ich nur das Eine bedaure, daß ich ihm nicht das Glück 
verschaffen konnte, das mein treues Herz für es erstrebte. Palast von Madrid, 
12. Februar. Amadeo.“ 
In der Antwort auf die königl. Botschaft suchen die Cortes zunächst 
die Schuld des Conflicts von sich abzulehnen, resp. dafür Sorge zu tragen, 
daß ihnen nicht etwa in Zurundt die Derantwortlichkeit dafür auferlegt werde; 
in dieser Absicht betheuern sie hoch und feierlich, daß sie dem Mandat, wel- 
es sie von ihren Wählern empfangen, treu und die Bewahrer der Gesetz- 
lichkeit gewesen seien, welche sie durch den Willen der Nation und der con- 
tituirenden Cortes aufgerichtet gefunden hätten. In ihren Acten und in 
ihren Entscheidungen hätten sie sich streng innerhalb der Gränzen ihrer Prä- 
rogativen gehalten; den Willen Sr. Ma. und die ihr von der Constitution 
gegebenen Rechte hätten fie respectirt. Aber auch Sr. Majestät können die 
Cortes die Schuld des Conflictes, den sie mit Schmerz hinnehmen, aber auch 
mit Energie zu Ende führen werden, nicht zur Last legen, weßhalb sie mit 
Einstimmigkeit erklären, daß Se. Majestät stets den Kammern die gebührende 
Achtung bezeugt, daß er die von ihm bei seiner Thronbesteigung geleisteten 
Eide aufs Gewissenhafteste gehalten habe; fie constatiren, daß Se. Majestät 
sich das ruhmvolle Verdienst erworben habe, in einer Zeit, wo die Sucht 
  
nach Herrschaft auch die Niedrigsten zu Staatsstreichen und zu den Präro- 
gativen der absoluten Gewalt hinrissen, den Versuchungen hierzu nicht nacs 
gegeben zu haben. Weiter geben die Cortes dann dem Könige das Zeugniß,
	        
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