Spanien. 273
daß, wenn überhaupt der gebieterische Gang der Ereignisse aufzuhalten ge-
wesen wäre, Se. Majestät der Mann dazu gewesen sein würde und, von
dieser Wahrheit durchdrungen, würden die Cortes, wenn die Sache überhaupt
möglich wäre, die größten Opfer nicht gescheut haben, um Se. Maj. von
ihrem Vorhaben abzubringen. Aber schon die Kenntniß, welche die Cortes
von dem unerschütterlichen Character des Königs haben, sowie die Anerken-
nung, welche sie der Reife seiner Ideen und der Beharrlichkeit seiner Ent-
schlüsse zollen, verhindern sie, den König zu bitten, auf seinen Entschluß
nochmals zurückzukommen und bestimmen sie, ihm mitzutheilen, daß sie die
oberste Gewalt und die Souveränetät der Nation in ihre Hände genommen,
um in einer so schwierigen Lage die Democratie, „die Grundlage unserer Po-
litik“, und die Nation, „unsere unsterbliche und zärtliche Mutter", zu retten.
Ihre Befähigung dazu ist den Cortes nicht zweifelhaft. Seit dem Beginn
des gegenwärtigen Jahrhunderts haben ihre Bäter sich in den schwierigsten Ver-
hältnissen befunden und sie haben darüber zu triumphiren gewußt mit den
Gesinnungen der hingebendsten Vaterlandsliebe. Als Spanien von seinen
Königen verlassen, von fremden Heeren überzogen und von jenem erhabenen
Genie, welches das Geheimniß des Krieges und der Zerstörung zu bizen
schien, in seiner Existenz bedroht war, da baben die Cortes, eingeschlossen
auf einer belagerten Insel, wo der vaterländische Boden aufzuhören schien,
nicht nur das Vaterland gerettet und die große Epopöe seiner Unabhängigkeit
redigirt, sondern sie haben es auch verstanden, auf den zerstreuten Ruinen
der alten Gesellschaft die neue aufzurichten. Nach einer weiteren Aeußerung
des Selbstgefühls der Nation und ihrer Vertreter folgt dann noch die Ver-
sicherung, daß der König, so lange er auf spanischem Boden weile, unter
dem Schutze ihrer ehrfurchtsvollen Loyalität sein werde und am Schlusse eine
schwungvolle Phrase von der Bürgerwürde bei einem unabhängigen und freien
Volke, die man ihm statt der Krone werde anbieten können.
13. Febr. Cortes: wählen mit 222 Stimmen das Haupt der radicalen
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Fraction Martos zu ihrem Präsidenten. Der bisherige Minister-
präsident Zorilla geht ins Ausland. Der neue Minister des Ausw.
Castelar und der neue Minister des Innern Pi y Margal erlassen
Rundschreiben, in denen sie den fast einmüthigen und vollkommen fried-
lichen Uebergang zur Republik hervorheben und sich für die Aufrecht-
haltung der Ordnung gewissermaßen verbürgen.
„ Ein Dereret der neuen Regierung schafft den Eid in der spanischen
Armee ab.
„ Die bisherigen Vertreter der Mächte in Madrid setzen den bis-
herigen diplomatischen Verkehr mit der neuen factischen Regierung
offiziös fort, ohne dieselbe vorerst anzuerkennen.
„ Die neue Regierung verfügt die Aufhebung der Conscription und
die Einführung der allgemeinen obligatorischen Dienstpflicht und erläßt
einen Aufruf zu freiwilligem Eintritt in die Armee.
„ Modification des Ministeriums, das, dem Drucke des extremen
Theils der republikanischen Partei nachgebend, seine Entlassung for-
dert. Die Cortes schreiten zu einer Neuwahl: die radicale Partei ist
im neuen Cabinet nur mehr durch die Minister des Kriegs und der
Marine vertreten. Figueras, Pi y9 Margal und Castelar bleiben.
Die Disciplin in der Armee löst sich mit raschen Schritten voll-
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