Trankreich. 293
welcher sich an die Spitze dieses Feldzuges gestellt, ist ein unermüdlicher Geist,
einer der größten Männer seines Jahrhunderts, einer der Männer, welche
Deutschland groß gemacht und unser Vaterland niedergeworfen haben, näm-
lich Hr. v. Bismarck. Wohlank! er überhäuft das Königreich Italien, seinen
natürlichen Verbündeten bei diesem großen Kampfe, mit Freundlichkeiten.
Man kann nicht sagen, daß dieser goße Politiker irgend etwas vernachlässigt,
um Italien zur preußischen Allianz hinzuziehen. Wollen Sie es in seine
Arme werfen? Wir achten die Rechte des heiligen Stuhles; wir wollen seine
volle Unabhängigkeit. Aber wir nehmen die vollendeten Thatsachen an, und
wir werden nichts thun, was von uns einen König und Minister trennen
könnte, über die wir uns nur zu beloben haben.“" De Belastel verlangt
nunmehr von Thiers, daß man Fournier zurückberufe und dem zukünftigen
Gesandten beim Könige von Italien seinen Wohnort in Florenz anweise.
Herr Thiers ergreift die Vertheidigung des Herrn Fournier in den energisch-
sten Ausdrücken. „Sicherlich", sagt er, „würden seine religiösen Meinungen
nicht gestatten, aus ihm einen Botschafter beim Papst zu machen; als fran-
zösischer Gesandter beim König Victor Emanuel erfüllt er aber seine Mission
auf würdige Weise. Das Gesetz über die religiösen Körperschaften macht
seine thätigste Intervention nothwendig; er entfaltet, um uns das Recht zu
bewahren, die Klöster französischen Ursprungs zu verwalten, die größten An-
strengungen, und Dank dem Ansehen, in dem er beim italienischen Cabinet,
beim Parlament steht, können wir auf ein günstiges Resultat zählen.“ Herr
Thiers versichert, daß weder Fournier noch Rémusat für die Orénoque-Ange-
legenheit die Verantwortlichkeit tragen. Er allein hat den Offizieren der
Fregatte den Befehl gegeben, und ist er nicht zu entschuldigen! „Wir
wollen", sagt er, „daß der Papst eine Zufluchtsstätte auf einem französischen
Schiffe finden könne; wir lassen es in den Gewässern von Civita-Vecchia.
Wir können es nicht ändern, daß dieser Hafen und Rom dem Königreich
Italien angehören. Unsere Offiziere verlassen nun beständig die Fregatte
und gehen nach Rom, wo sie in der besten Gesellschaft empfangen werden.
Sie statten dem hl. Stuhl e ab; sie wohnen allen Festen an. Ich
konnte nichts Anderes thun, als ihnen sagen: Wenn Sie am 1. Januar in
Rom find, so machen Sie dem König Victor Emanuel Ihren Besuch. Sie
würden an meiner Stelle das Nämliche gethan haben, Hr. Dupanloup."
14. Jan. Nat.-Versammlung: Der 30er Ausschuß für die sog. constitu-
tionellen (Verfassungs-) Gesetze (spottweise die 30 Chinesen genannt)
beginnt die Berathung des von ihrer Subcommission ausgearbeiteten
Entwurfs. Hr. Thiers unterhandelt mit ihm, um sich wo möglich
mit ihm zu verständigen.
Die Hauptpunkte des Entwurfs sind folgende: Der Präsident der Republik
muß von der Nationalversammlung gehört werden, so oft er dieß mittelst
Botschaft verlangt. Bei Empfang einer solchen Botschaft wird die Sitzung
abgebrochen und der Präsident am folgenden Tage vernommen, wenn nicht
eigens beschlossen wird, ihn sofort zu hören. Nachdem er gesprochen hat,
wird die Situng wiederum aufgehoben und die weitere Verhandlung in
Abwesenheit des Präsidenten der Republik geführt. Der Präsident muß die
dringlichen Gesetze binnen drei Tagen, die anderen binnen einem Monat
promulgiren. Für die ersteren hat er das Recht, innerhalb dieser drei Tage
mittelst motivirter Botschaft eine neue Berathung zu verlangen; für die
anderen kann er nach der zweiten Lesung verlangen, daß die dritte Lesung
erst binnen einem Monat erfolge. Interpellationen dürfen nur an die Mini-
ster, nicht aber an den Präsidenten der Republik gerichtet werden. Nachdem
die gegenwärtige Nationalversammlung auseinandergegangen, soll die gesetz-
gebende Gewalt von zwei Kammern geübt werden. Der Ausschuß soll später