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Marineminister Ribotty erklärt nun gleich bei Eröffnung der Debatte, daß
das Projekt der Commission unannehmbar sei. Am Schluß derselben nimmt
auch der Finanzminister Sella das Wort und bittet, den Commissionsent-
wurf, der aus finanziellen Gründen undurchführbar sei, abzulehnen und den
des Marineministers anzunehmen. Gleichwohl nimmt die Kammer den Art. 1
des Commissionsentwurfes, welcher die Ausgaben von 23 Millionen bestimmt,
an, worauf sofort der Finanzminister Vertagung der Berathung beantragt,
damit die Regierung in der Angelegenheit einen Beschluß fassen könne. Die
Kammer willigt ein und vertagt sich auf den folgenden Tug, an welchem
dann der Ministerpräsident Lanza den Rücktritt des Cabinets anzeigt. Der
Schritt ist um so bedeutungsvoller, als die Debatten über das Klostergesch
bevorstehen, denen eine Veränderung des Ministeriums und die etwaige Bil-
dung eines Cabinets Ratazzi eine ganz veränderte Richtung geben könnte.
1. Mai. Der Bischof von Mantua wird wegen leidenschaftlicher Ausfälle
gegen den Staat von der Kanzel vom dortigen Assissenhof zu 6 Tagen
Gefängniß und 51 Fr. Buße verurtheilt. Schon früher war derselbe
wegen eines Hirtenbriefs gerichtlich zu 8 Monaten Gefängniß und
1500 Fr. Buße verurtheilt worden, die Strafe aber durch eine in-
zwischen erlassene Amnestie hinfällig geworden.
4. „ In der Lombardei findet doch eine große Demonstrations-Wall-
fahrt zu U. L. Frau von Caravaggio statt, an der sich 7 Bischöfe
betheiligen. Doch nimmt das Wallfahrtswesen lange nicht einen Um-
fang an, wie in Frankreich. Pilgerzüge aus Frankreich an italienische
Gnadenorte, wie sie beabsichtigt waren, werden von der Regierung
verhindert.
5. „ Das Ministerium verständigt sich, da von allen Seiten sein wei-
teres Verbleiben im Amte gewünscht wird, mit den Führern der Par-
teien im Wesentlichen über das zur Debatte bereite Klostergesetz und
entschließt sich, doch wieder zu bleiben. Der Gesetzesentwurf über das
Seearsenal in Tarent wird von ihm einfach zurückgezogen.
6. „ II. Kammer: Beginn der Debatte über den Gesetzesentwurf betr.
die Aufhebung der Klöster in Rom und seinem Gebiete. Nach dem
von der Commission im Wesentlichen gebilligten Entwurf sollen sämmt-
liche Klöster aufgehoben und nur die Generalatshäuser erhalten wer-
den. Um diesen Punkt dreht sich denn auch so ziemlich die ganze
Discussion, da die Kammer bez. der Auphebung aller Klöster ohne
Ausnahme einig ist.
Das Gesetz ist eine durchgreifende Maßregel. Die wesentlichen Bestim-
mungen sind nach der Fassung der Commission folgende: Diejenigen Gebäude,
welche von geistlichen Personen bewohnt werden, die sich der Pflege der Kran-
ken widmen, sowie Hospitäler, die ihnen gehören, oder Anstalten, die wohl-
thätigen Zwecken dienen, werden der in Rom bestehenden Congregation für
Werke der Nächstenliebe mit dem Auftrage übergeben, diese Gebäude ihrem
bisherigen Zwecke nicht zu entfremden. Alle Gebäude, die von Religiosen
für den Volksunterricht verwendet werden, theilt das Gesetz der Gemeinde
Rom zu, die sie als einen besonderen Fonds für die Unterstützung des Ele-
mentarschulwesens zu betrachten hat. Die Schulen höheren Grades müssen
ebenfalls ihrer früheren Bestimmung erhalten bleiben und mit den entspre-