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nothdürftig zusammengehalten hat und zudem als regierungsfähig an-
erkannt worden war.
17. Juni. II. Kammer: Der Finanzminister Sella beharrt auf der Be-
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rathung wenigstens eines Theils seiner Steuervorlagen noch vor dem
Schluß der Session.
Senat: genehmigt auch seinerseits das Klostergesetz nach den Be-
schlüssen der II. Kammer mit 68 gegen 20 Stimmen.
„ Der König sanctionirt bereits das Klostergesetz nach den Beschlüssen
beider Kammern.
„ II. Kammer: verweigert durch eine Coalition. der Rechten (der sog.
Consorterie) und der Linken dem Finanzminister Sella die Discussion
seiner finanziellen Vorlagen mit 157 (90 von der Linken und 67
von der Rechten) gegen 86 Stimmen. Das ganze Cabinet gibt in
Folge des Votums seine Demission.
„ Der König beauftragt Minghetti (von der Rechten) mit der Bil-
dung eines neuen Ministeriums. Dieser unterhandelt mit Depretis,
dem zeitweiligen Führer der Linken; eine Verständigung scheitert je-
doch an den weitgehenden Forderungen der Linken, Minghetti stößt
auf große Schwierigkeiten, einen Finanzminister zu finden. Dagegen
erklären sich die bisherigen Minister des Auswärtigen, des Kriegs und
der Marine, auch in das neue Cabinet einzutreten.
„ Der König verzichtet wieder auf die Reise nach Wien und Berlin,
wozu ihm die eingetretene Ministerkrisis den besten Vorwand darbietet.
„ Diie Clericalen verzichten in Folge der unangenehmen Erfahrungen,
die sie in den beiden vorhergehenden Jahren gemacht, für dieses Jahr
auf eine Betheiligung ihrerseits an den Communalwahlen in Rom und
anderwärts, wo sie nicht der Majorität zum Voraus sicher sind.
Juli. Das neue Cabinet Minghetti kommt endlich nicht ohne Schwie-
rigkeiten zu Stande: Minghetti, Präsidentschaft und Finanzen. Vis-
conti-Venosta, Auswärtiges; Cantelli, Inneres; Vigliani, Justiz; Ri-
cotti, Krieg; Saint Bon, Marine; Spaventa, öffentliche Arbeiten;
Scialoja, Unterricht; Finali, Ackerbau. Drei Mitglieder sind aus dem
Cabinet Sella-Lanza herübergenommen worden: Visconti, Ricotti und
Scialoja.
Das neue Cabinet wird zunächst allgemein als eine Annäherung an
Frankreich und als eine Entfernung von Deutschland aufgefaßt.
„ II. Kammer: Minghetti theilt derselben eine Art Programm des
neuen Ministeriums mit: demnach bekennt sich dasselbe als ausschließ-
lich administratives Ministerium, welches sich die Landesvertheidigung,
die öffentlichen Arbeiten und die Notenfrage werde angelegen sein lassen.
Ueber die Durchführung des Klostergesetzes spricht Minghetti kein Wort,
obwohl die Kammer die bezüglichen Commissionswahlen vornimmt. Da-
mit schließt das Parlament die Session.