Die päpstliche Curie. 379
mungen der feierlichen durch die Zustimmung und die Autorität der Bundes-
gesetze bestätigten Verträge die religiöse Freiheit der Katholiken vollkomm en
gesichert sein sollte. Bereits in Unserer Allocution vom 23. December v. J.
haben wir diese der Religion durch die Regenten dieser Cantone, „sei es durch
Entscheidung über Dogmen des katholischen Glaubens, sei es durch Begünsti-
gung der Abtrünnigen oder durch das Verbot der Ausübung der bischöflichen
Gewalt,“ angethane Vergewaltigung beklagt. Aber diese auf Unseren Befehl
durch Unseren Geschäftsträger dem Bundesrathe überbrachten gerechten Klagen
sind durchaus verkannt worden und man hat den von den Katholiken jeden
Ranges vorgebrachten und von dem schweizerischen Episcopate häufig wieder-
holten Anforderungen auch nicht mehr Rechnung getragen. Man hat sogar
den früheren Ungerechtigkeiten neue und schwerere hinzugefügt. Denn nach
der gewaltsamen Vertreibung Unseres ehrwürdigen Bruders Caspar, Bischofs
von Hebron und apostolischen Vicars von Genf, eine Austreibung, welche
für das Opfer so schön und so glorreich gewesen ist, wie schimesteh und
schmählich für die, welche sie befohlen und ausgeführt haben, hat die Regie-
rung von Genf am 23. März und am 27. August d. J. zwei Gesetze erlassen,
welche ganz dem im October des Jahres zuvor publicirten Entwurfe ent-
sprachen, welcher von Uns in der vorbesagten Allocution verurtheilt worden
war. So hat diese Negierung sich das Recht angemaßt, in diesem Canton
die Constitution der katholischen Kirche zu reformiren und dieselbe zu einer
democratischen Form zu bringen, indem man den Bischof der Civilbehörde
unterwirft, sowohl was die Ausübung seiner eigenen Jurisdiction und Ver-
waltung, als auch die Uebertragung seiner Vollmachten betrifft, ihm unter-
sagt, sein Domicil in dem Canton zu nehmen, die Zahl der Kirchensprengel
und ihre Grenzen bestimmt, die Form und die Bedingungen der Wahl der
Pfarrer und Vicare, die Fälle und den Modus ihrer Absetzung und Sus-
pension vorschlägt, den Laien das Recht, sie zu ernennen, zuspricht, ebenso
den Laien die weltliche Verwaltung des Cultus anvertraut, mit Einem Worte,
dieselben als Inspectoren an die Spitze der kirchlichen Angelegenheiten stellt.
Außerdem ist es durch Gesetze festgestellt. daß ohne die Erlaubniß der Regie-
rung, welche immer widerruflich bleiben soll, die Pfarrer und Vicare keine
Function ausüben, noch höhere Würden annehmen dürfen, als die, mit wel-
chen sie durch die Wahl des Volkes bekleidet sind; endlich, daß sie der Civil=
gewalt gegenüber durch einen Eidschwur gebunden sind, dessen Wortfassung
einen wirklichen Glaubensabfall darstellt. Es kann also Niemand verkennen,
daß dergleichen Gesetze nicht nur nichtig und von keiner Gewalt sind, weil
den Gesetzgebern als Laien oder selbst Andersgläubigen alle Macht fehlt, sie
zu geben, sondern auch wegen der Dinge, welche sie solcherweise befehlen und
die im Widerspruche stehen mit den Dogmen des katholischen Glaubens und
der von dem tridentinischen Concil und den päpstlichen Constitutionen sanctio-
nirten Kirchendisciplin, so daß diese Gesetze von Uns durchaus mißbilligt
und verworfen werden müssen. Darum und kraft der Pflichten Unseres
Amtes und durch Unsere apostolische achtvolltommenheit verwerfen Wir sie
feierlich und verdammen sie, zu gleicher Zeit erklärend, daß der Eidschwur,
en sie vorschreiben, unerlaubt und durchaus sacrilegisch ist; außerdem er-
klären Wir, daß alle diejenigen, welche unter der Regierung von Genf oder
anderswo nach den Bestimmungen dieser Gesetze oder in ähnlicher Weise
durch die Abstimmung des Volkes und die Bestätigung der Civilgewalt ge-
wählt, ein kirchliches Amt anzunehmen wagen, dadurch ipso facto der großen
Excommunication verfallen, welche diesem heiligen Stuhle vorbehalten ist,
und den anderen canonischen Strafen; daß folglich die Gläubigen, gemäß
den göttlichen Vorschriften sie alle zu fliehen haben als Fremde und Räuber,
die nur kommen, um die Schafe des Herrn zu bestehlen, zu tödten und zu
verderben. (Johannes II, 10, 5, 10.) Traurig und verderblich sind die
Dinge, an welche Wir erinnert haben, aber es haben sich noch verderblichere