Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

Die pupstliche Curie. 383 
Sitte veröffentlicht worden wäre, gleichzeitig mit einem andern Schreiben, 
das von Uns geschrieben ist, und in dem Wir Uns an die Gerechtigkeit des 
Allergnädigsten Kaisers wenden zu Gunsten der katholischen Kirche in Preußen. 
Alle diese Attentate, die Wir aufgezählt haben, sind vor Aller Augen. Und 
so, wenn die Klosterbrüder und die Gott geweihten Jungfrauen der allen 
Bürgern gemeinsamen Freiheit beraubt und mit unmenschlicher Härte ver- 
trieben werden; wenn die öffentlichen Schulen, wo man die katholische Jugend 
unterrichtet, täglich mehr und mehr der heilsamen Leitung und der Ausfsicht 
der Kirche entzogen werden; wenn die zur Erweckung der Frömmiggkeit ein- 
gerichteten Bruderschaften und die Seminare selbst geschlossen werden; wenn 
die Freiheit der evangelischen Predigt untersagt ist; wenn man in gewissen 
Theilen des Königreichs verbietet, die Elemente der religiösen Unterweisung 
in der Muttersprache zu geben; wenn man den Pfarreien die Pfarrer ent- 
reißt, die von den Bischöfen in denselben angestellt worden sind; wenn diese 
Bischöfe selbst ihrer Einkünfte beraubt werden, wenn sie mit Geldstrafen 
überhäuft und mit dem Gefängniß bedroht werden: wenn die Katholiken mit 
Quälereien jeder Art verfolgt werden, ist es dann möglich, alles, was sich 
Uns aufdrängt, in Unsere Seele zu verschließen und nicht die Religion Jesu 
Christi und die Wahrheit anzurufen? 
„Aber Wir sind noch nicht fertig mit den Ungerechtigkeiten, die der katho- 
lischen Kirche zugefügt werden. Denn dazu gehört der Schutz, den die preu- 
ßische Regierung und die übrigen am Ruder Befindlichen des Deutschen 
Reichs offen diesen neuen Ketzern gewähren, die sich „Altkatholiken“ nen- 
nen, durch einen Mißbrauch des Wortes, der lächerlich sein würde, wenn 
man nicht im Gegentheil Ströme von Thränen vergießen müßte über so viele 
ungeheuerliche Irrthümer, die von dieser Secte gegen die großen Prinzipien 
des katholischen Glaubens aufgehäuft werden, über so viele Sacrilegien, die 
in der Ausübung gottesdienstlicher Verrichtungen begangen werden, über so 
viel erschreckliches Aergerniß und endlich über den Verlust so vieler mit dem 
Blute Jefu Christi erkaufter Seelen. Was aber diese unseligen Söhne des 
Verderbens versuchen, und wohin sie hinaus wollen, das geht genugsam aus 
einigen ihrer Schriften hervor, besonders aber aus der scham= und gottlosen 
Schrift, die neulich von demjenigen veröffentlicht worden ist, den sie sich als 
Pfeudo-Bischof gegeben haben. Wenn sie Angriffe richten gegen die wahre 
Jurisdictionsgewalt, die dem Papste und den Bischöfen als Nachfolger der 
Apostel angehört, wenn sie diese Gewalt aufs Volk übertragen, oder, wie 
sie sagen, die Gemeinde, so verwerfen und bekämpfen sie die unfehlbare Lehr- 
gewalt des römischen Papstes eben so wohl wie diejenige der ganzen lehrenden 
Kirche. Sie widersetzen sich dem hl. Geist, den Christus seiner Kirche ver- 
sprochen hat, daß derselbe immer bei ihr bleibe; sie behaupten mit unglaub- 
licher Dreistigkeit, daß der römische Papst und mit ihm alle Bischöfe, Priester 
und die mit ihm durch die Einheit des Glaubens und der Gemeinschaft ver- 
bundenen Völker in Frrlehre gefallen seien, als sie die Bestimmungen des 
öcumenischen vaticanischen Concils bestätigt und bekannt haben. Deßhalb 
kamen sie sogar dazu, selbst die Unmöglichkeit, daß die Kirche in Irrthum 
fallen könne, zu leugnen, und lästern Gott mit der Behauptung, daß die 
Kirche in der ganzen Welt untergegangen sei in Folge dessen, daß ihr sicht- 
bares Haupt und die Bischöfe sich geirrt. Daher leiten sie für sich die Noth- 
wendigkeit ab, einen legitimen Episcopat in der Person ihres Pfeudo-Bischofs 
aufzustellen, der, „da er nicht durch die Thür eingetreten ist, sondern anderswo 
wie ein Dieb und Näuber“, selbst auf sein Haupt die Verdammung Jesu 
Christi herabruft. Und demnoch- diese Unglücklichen, die die Grundlagen der 
katholischen Religion untergraben, die alle ihre Kennzeichen und Eigenthüm- 
lichkeiten angreifen, die so schändliche und vielfache Irrthümer aufstellen oder 
die sie vielmehr bei allen alten Ketzern genommen und gesammelt haben, um 
sie so vor das Volk zu bringen: sie erröthen nicht, sich Katholiken und gar
	        
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