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modifizirt dagegen den ihm gleichfalls von der Regierung vorgelegten
Entwurf eines neuen Pfarrwahlgesetzes mehrfach in liberalem Sinne.
30. Nov. (Baselland.) Das Volk verwirft im Referendum mit erdrücken-
dem Mehr die ihm vom Landrath zur Genehmigung vorgelegten (ab-
solut nothwendigen) Schul= und Besoldungsgesetze, letzteres nun schon
zum zweiten Male.
„ (Neuenburg.) In der allg. Volksabstimmung über die vom
Verfassungsrathe beschlossene Revision der Art. 30 und 33 der Ver-
fassung betr. Ausdehnung des Wahlrechts auf sämmtliche im Kanton
niedergelassene Schweizerbürger siegen die Radicalen mit 3800 gegen
1200 Stimmen.
„ (Genf.) Die kath. Pfarrer von Carouge, Chéne und Lancy ver-
weigern den neuen durch das kath. Cultusgesetz vorgeschriebenen Eid,
wodurch sie ihrer Stellen verlustig gehen und Neuwahlen durch die
Gemeinden selber eintreten müssen. In allen drei Gemeinden besitzen
die freisinnigen Katholiken schon von vornherein die Mehrheit.
„ (Graubünden.) Der kleine Rath des Kantons beharrt gegenüber
der bischöflichen Curie auf der endlichen Ausführung der großräthlichen
Verordnung von 1854, daß kath. Geistliche und Candidaten, welche
ohne das vorgeschriebene Maturitätsexamen ein Amt antreten, vom
Staate nicht anerkannt werden.
4. Dec. (Bern.) Die Regierung von Bern beschwert sich bei derjenigen
von Luzern über ein Schreiben des abgesetzten Bischofs Lachat an die
kath. Jurassier. Die letztere macht den Bischof auf ihre sogleich bei
seiner Uebersiedlung nach Luzern von ihr ausgesprochenen Erklärungen
und Vorbehalte neuerdings aufmerksam und erklärt ihm des bestimm-
testen, daß sie die Mitverantwortlichkeit für allfällige Folgen derartiger
Amtshandlungen auf dem Gebiete derjenigen Kantone, die ihn nicht
mehr anerkennen, ausdrücklich ablehne.
9. „ (Bern.) Die Regierung sieht sich gegenüber der überwiegend
ultramontanen Bevölkerung des französischen Jura und ihrer steigenden
Widersetzlichkeit gegen ihre Anordnungen zu immer weiter gehenden
Maßregeln gedrängt. Eine neue Verfügung der Regierung lautet:
„In Erwägung, daß nur die von der Regierung eingesetzten staatlich
anerkannten Geistlichen zur Ausübung des öffentlichen Gottesdienstes befugt
ind: daß gegen alle andern nicht staatlich anerkannten und durch gerichtliches
rtheil abgesetzten Pearrer nur die Ausübung eines Privatgottesdienstes
innert den Schranken der Staatsverfassung erlaubt ist, diese letzteren sich aber
erwiesenermaßen einer Ueberschreitung dieser Competenzen schuldig machen
und dadurch die öffentliche Ruhe und Ordnung stören, so daß eine Ahndung
solcher Handlungen geboten erscheint, beschließt die Regierung: 1) Allen
abberufenen oder keine staatliche Ermächtigung hiezu besißenden katholischen
Geistlichen ist jede geistliche Verrichtung irgend welcher Art in allen unter
staatlicher Aufsicht stehenden und einer öffentlichen Zweckbestimmung dienenden
Gebäulichkeiten und Localitäten (Kirchen), Kapellen und dergl., öffentlichen
Schulgebäuden, Getreidehäusern 2c. strengstens verboten und untersagt; 2)