Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
§ 7. Während des vorgeschriebenen Universitätsstudiums dürfen die 
Studirenden einem kirchlichen Seminar nicht angehören. 
§ 8. Die Staatsprüfung hat nach zurückgelegtem theologischen Studium 
Statt. Zu derselben darf nur zugelassen werden, wer den Vorschriften über 
die Gymnasialbildung und theologische Vorbildung beständig genügt hat. 
Die Prüfung wird darauf gerichtet, ob der Candidat sich die für seinen 
Beruf erforderliche allgemeine wissenschaftliche Bildung insbesondere auf dem 
Gebiete der Philosophie, der Geschichte, der deutschen Literatur und der classi- 
schen Sprachen erworben habe. 
Der Minister der geistlichen Angelegenheiten trifft die näheren Anord- 
nungen über die Prüfung. 
§ 9. Alle kirchlichen Anstalten, welche der Vorbildung der Geistlichen 
dienen (Knaben-Seminare, Clerical-Seminare, Prediger= und Priester-Semi- 
nare, Convicte etc.) stehen unter Aufsicht des Staats. 
Die Haus-Ordnung und Reglement über die Disciplin in diesen An- 
stalten, der Lehrplan der Knaben-Seminare und Knaben-Convicte, sowie der- 
jenigen Seminare, für welche die im § 6 bezeichnete Anerkennung ertheilt 
ist, sind dem Ober-Präsidenten der Provinz von dem Vorsteher der Anstalten 
vorzulegen. 
Die Anstalten unterliegen der Revision durch Commissarien, welche der 
Oberpräsident ernennt. 
§ 10. An den im vorstehenden Paragraphen gedachten Anstalten darf 
als Lehrer oder zur Wahrnehmung der Disciplin nur ein Deutscher ange- 
stellt werden, welcher seine wissenschaftliche Befähigung nach Vorschrift des 
§ 11 dargethan hat, und gegen dessen Anstellung kein Einspruch von der 
Staatsregierung erhoben worden ist. 
Die Vorschriften der §§ 2 und 3 finden entsprechende Anwendung. 
§ 11. Zur Anstellung an einem Knaben-Seminare oder Knaben-Convicte 
ist die Befähigung zur entsprechenden Anstellung an einem preußischen Gym- 
nasium, zur Anstellung an einer für die theologische wissenschaftliche Vor- 
bildung bestimmten Anstalt die Befähigung erforderlich, an einer deutschen 
Staatsuniversität in der Disciplin zu lehren, für welche die Anstellung erfolgt. 
Kleriker und Predigtamts-Candidaten müssen die für Geistliche vorge- 
schriebene Vorbildung besitzen. 
Dieselbe genügt zur Anstellung an den zur theologisch-praktischen Vor- 
bildung bestimmten Anstalten. 
§ 12. Für die Erhebung des Einspruchs gegen die Anstellung finden 
die Bestimmungen entsprechende Anwendung, welche die Erhebung des Ein- 
spruchs gegen die Anstellung von Geistlichen regeln. 
§ 13. Werden die in den §§ 9—11 enthaltenen Vorschriften über die 
von Aufsichtswegen getroffenen Anordnungen nicht befolgt, so ist der Minister 
der geistlichen Angelegenheiten ermächtigt, bis zur Befolgung die der Anstalt 
gewidmeten Staatsmittel einzubehalten oder die Anstalt zu schließen. 
Unter der angegebenen Voraussetzung und bis zu dem bezeichneten Zeit- 
punkte können Zöglinge der Knabenseminare und Knabenconvicte von dem 
Besuche der Gymnasien und von der Entlassungsprüfung ausgeschlossen und 
den im § 6 erwähnten Anstalten die ertheilte Anerkennung entzogen werden. 
Diese Anordnungen stehen dem Minister der geistlichen Angelegenheiten zu. 
§ 14. Neue Knabenseminare und Knabenconvicte dürfen nicht mehr 
errichtet und in die bestehenden Anstalten dieser Art neue Zöglinge nicht 
mehr aufgenommen werden. 
III. Anstellung der Geistlichen. 
§ 15. Die geistlichen Oberen sind verpflichtet, diejenigen Candidaten, 
denen ein geistliches Amt übertragen werden soll, dem Oberpräsidenten zu 
benennen. 
 
 

	        
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