438 Rußland.
21. Mai. Die Regierung fordert die ca. 100 russischen Studentinnen an
der Universität und dem eidg. Polytechnicum in Zürich, wegen an-
geblich politischer Agitation, auf, diese Anstalten bis zum 1. Januar
1874 zu verlassen, widrigenfalls sie in Rußland zu keinerlei Beruf,
zu welchem die Erlaubniß von der Regierung abhänge, zugelassen wür-
den, noch zu einem Examen, noch in irgend welche russische Lehranstalt.
1. Juni. Besuch des Kaisers Alexander am Hofe von Wien (vgl. Oesterreich).
11. „ Das russ. Expeditionscorps besetzt Chiwa. Der Chan ist zu den
Jomuden geflohen, kehrt aber wieder zurück und unterwirft sich allen
Forderungen Rußlands.
— Fortgang der Russifizirung der kath. Kirche in Litthauen.
Anf. Juli. Die russische Presse verlangt fast einstimmig die Annexion Chi-
wa's ohne Rücksicht auf das gegenüber England eingegangene Ver-
sprechen.
12. Vertreibung der Juden aus Kiew.
23. „ Der Chan von Chiwa schafft nach dem Verlangen Rußlands die
Sclaverei auf seinem Gebiete ab und erlaubt den Sclaven, namentlich
den zahlreichen aus Persien gebürtigen, die Rückkehr in ihre Heimath.
24. Friede mit Chiwa. Die hauptsächlichsten Bedingungen sind folgende:
1) Sseid-Muhamed-Rachim-Bogadur-Chan erklärt sich für einen ergebenen
Diener des Kaisers von Rußland. Er entsagt allen unmittelbaren und freund-
schaftlichen Beziehungen zu den benachbarten Herrschern und Chanen und
dem Abschluß irgend welcher Handels= oder anderer Tractate mit denselben
und wird ohne Wissen und Genehmigung der höheren russischen Autorität
in Mittel-Afien keinerlei Kriegs-Operationen gegen dieselben unternehmen.
2) Die Gränze zwischen dem russischen und dem chiwaschen Gebiete bildet
der Amu-Darja von Kukertli den Fluß abwärts bis zum Austritt des west-
lichsten Armes des Amu-Darja aus demselben und von diesem Orte ab dieser
Arm bis zur Mündung desselben in den Aral-See. Weiter führt die Gränze
längs dem Ufer des Sees bis zum Vorgebirge Urgu und von dort am Fuße
des Abhanges des Ustj-Urt längs dem sogenannten alten Bette des Amu-Darja.
3) Das ganze rechte Ufer des Amu-Darja und das an demselben belegene
Land, welches bisher für chiwasches galt, gehen vom Chan in den Besitz
Rußlands über, sammt allen daselbst ansässigen und nomadisirenden Völkern.
Die Landstücke am rechten Ufer, welche gegenwärtig das Eigenthum des
Chans bilden und von demselben den Würdenträgern des Chanats zur Nutz-
nießung verliehen sind, gehen gleichfalls in das Eigenthum der russischen
Regierung über, ohne daß die früheren Besitzer derselben irgend welche An-
sprüche machen. Dem Chan wird anheimgestellt, ihren Verlust durch auf
dem linken Ufer belegene Ländereien zu entschädigen.
4) In dem Falle, daß gemäß Allerhöchster Willensbestimmung Sr. Ma-
jestät des Kaisers ein Theil dieses rechten Ufers dem Emir von Buchara zum
Besitz gegeben wird, erkennt der Chan von Chiwa diesen Letzteren als den
rechtmäßigen Besitzer dieses Theiles seiner früheren Besitzungen an und ent-
sagt allen Absichten auf die Wiederherstellung seiner Macht daselbst.
5) Den russischen Dampfern und anderen russischen Fahrzeugen, mögen
dieselben der Krone oder Privaten gehören, wird freie und ihnen allein aus-
schließlich zustehende Fahrt auf dem Amu-Darja gewährt. Ein solches Recht