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wehrlos den Angriffen der Turkmenen zu überlassen, schenkt ihm General
Kauffmann 500 Remingtongewehre und 17 Geschütze.
— Oct. Die turkmenischen Jomuden Chiwa's beginnen für die durch die
Russen am 27. Juli ihnen zugefügte blutige Lection einen Rachekrieg,
der sich zunächst gegen die unglücklichen entlassenen persischen Sclaven,
dann gegen die Steuereinnehmer, welche die Kriegscontribution ein—
treiben sollen, ferner gegen die ganze usbekische Bevölkerung und in
der Spitze gegen den Chan selbst kehrt. Von jenen persischen Sclaven
metzeln sie 1600 erbarmungslos nieder und ziehen unter den Usbeken
raubend und plündernd umher, ihnen Weiber, Kinder und Habe fort-
führend. Der Chan wendet sich um Schutz an Rußland.
Ende „ Nachdem sich die Russen mit fast unerklärlicher Eile aus dem
frisch eroberten und im größten Wirrwarr zurückgelassenen Chiwa
zurückgezogen, errichtet General Kauffmann auf dem nun dem russi-
schen Reiche einverleibten rechten Ufer des Oxus in staunend kurzer
Zeit das Fort Petro Alexandrowsk, um von diesem Punkte aus den
neuen Strich Landes zu überwachen und zu ferneren Zwecken zu ver-
werthen und besetzt es mit einem Theile der Expeditionsarmee als
Garnison. Es ist schon jetzt klar, daß der gänzliche Rückzug aus
Chiwa, der nur der Aengstlichkeit entsprang, das von Schuwaloff in
London gegebene Versprechen bezüglich der Nichtbesetzung Chiwa's ein-
zulösen, von vornherein zweckwidrig war und eine zweite Expedition
bald genug ganz unausweichlich sein wird.
Anf. Nov. Die Regierung läßt den Hafenplatz Kertsch am Azowschen Meer
zum Hauptoperationspunkte der Küstenvertheidigung im Süden um-
wandeln. Die zu erbauenden Festungswerke sollen die früheren von
Sebastopol weit übertreffen. Zur Leitung der Arbeiten trifft General
Tottleben daselbst ein.
Mitte Nov. Die Negierung läßt an die Gouverneure im asiatischen Ruß-
land die Weisung ergehen, die energischesten Maßregeln gegen die
bocharischen Mollahs zu ergreifen, die auf dem ganzen Gebiete von der
Orenburger Steppe bis in die Dschungarei und Mongolei den „hei-
ligen Krieg" gegen die Russen predigen.
3. Dec. Eine kais. Ordonnanz ordnet die letzte Necrutenaushebung nach
dem bisherigen Wehrsystem an. Der Procentsatz beträgt 6 auf je
tausend Seelen. Für dießmal bleibt für die Ausgeloosten noch das
Recht des Loskaufs durch den Betrag von 1000 Rubeln in Kraft.
„ Der vom „Reichsanzeiger“ veröffentlichte Staatshaushalt weist in
den letzten fünf Jahren eine Vermehrung der Einnahmen von 24
Procent und eine Vermehrung der Ausgaben von 18 Procent auf.
Das Budget für 1872 ergab einen Einnahmen-Ueberschuß von 629,000
Rubeln.