Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
 III. Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Austritt aus der 
Kirche. 
§  1. Wer mit bürgerlicher Wirkung aus der Kirche, welcher er bisher 
angehörte, austreten will, hat dies in Person vor dem Richter seines Wohn- 
orts zu erklären. Dieselbe Form ist von denjenigen zu beobachten, welche 
bei ihrem Uebertritt zu einer andern Kirche von den Lasten ihres bisherigen 
Verbandes befreit werden wollen. § 2. Die Austritts-Erklärung befreit 
von den auf dem Parochial-Verbande beruhenden persönlichen Verpflichtungen 
zu Abgaben und Leistungen an die bisherige Kirchengemeinde oder an deren 
Diener und Beamte. 
IV. Entwurf eines Gesetzes über die kirchliche Disciplinar= 
gewalt und die Errichtung des Königlichen Gerichtshofs für 
kirchliche Angelegenheiten. 
I. Allgemeine Bestimmungen. 
§ 1. Die kirchliche Disciplinargewalt darf nur von deutschen kirchlichen 
Behörden ausgeübt werden.  
§ 2. Kirchliche Disciplinarstrafen, welche gegen die Freiheit oder das Ver- 
mögen gerichtet sind, dürfen nur nach Anhörung des Beschuldigten verhängt 
werden. 
Der Entfernung aus dem Amt (Entlassung, Versetzung, Suspension, 
unfreiwillige Emeritirung u. s. w.) muß ein geordnetes processualisches Ver- 
fahren vorausgehen. 
In allen diesen Fällen ist die Entscheidung schriftlich unter Angabe der 
Gründe zu erlassen. 
§  3. Die körperliche Züchtigung ist als kirchliche Disciplinarstrafe un- 
zulässig. 
§ 4. Geldstrafen dürfen den Betrag von 30 Thlrn., oder wenn das 
einmonatliche Amtseinkommen höher ist, den Betrag des letzteren nicht über- 
steigen. 
§ 5. Die Strafe der Freiheitsentziehung darf nur in der Verweisung 
in eine Demeritenanstalt bestehen.  
Die Verweisung darf die Dauer von drei Monaten nicht übersteigen und 
nicht wider den Willen des Betroffenen vollstreckt werden. Die Verweisung 
in eine außerordentliche Demeritenanstalt ist unzulässig. 
§ 6. Die Demeritenanstalten sind der staatlichen Aufsicht unterworfen. 
Ihre Hausordnung ist dem Oberpräsidenten der Provinz zur Genehmigung 
einzureichen. Er ist befugt Visitationen der Demeritenanstalten anzuordnen 
und von ihren Einrichtungen Kenntniß zu nehmen. 
Von der Aufnahme eines Demeriten hat der Vorsteher der Anstalt unter 
Angabe der Behörde, welche sie verfügt, binnen 24 Stunden dem Ober- 
präsidenten Anzeige zu machen. Ueber sämmtliche Demeriten ist von dem 
Vorsteher ein Verzeichniß zu führen, welches den Namen derselben, die gegen 
sie erkannten Strafen und die Zeit der Aufnahme und Entlassung enthält. 
Am Schluß jedes Jahres ist das Verzeichniß dem Oberpräsidenten einzureichen. 
§ 7. Von jeder kirchlichen Disciplinarentscheidung, welche auf eine Geld- 
strafe von mehr als 20 Thalern, auf Verweisung in eine Demeritenanstalt 
für mehr als 14 Tage, oder auf Entfernung aus dem Amte lautet, ist dem 
Oberpräsidenten, gleichzeitig mit der Zustellung an den Betroffenen, Mit- 
theilung zu machen. 
Die Mittheilung muß die Entscheidungsgründe enthalten. 
§  8. Der Oberpräsident ist befugt, die Befolgung der in den §§ 6 und 
7 enthaltenen Vorschriften und der auf Grund derselben von ihm erlassenen 
Verfügungen durch Ordnungsstrafen bis zum Betrage von 1000 Thalern zu 
erzwingen. Die Androhung und Festsetzung der Strafe darf wiederholt 
werden, bis dem Gesetz genügt ist. 
§ 9. Eine Mitwirkung des Staats bei Vollstreckung kirchlicher Dis-
	        
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