Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

AUebersicht der Ereignisse des Tahres 1873. 
licher Macht, vor allem aber an Sicherheit nach innen und außen durch 
das Reich nicht verloren, sondern wahrlich nur gewonnen haben. Das 
Verhältniß zwischen dem Kaiser und den Fürsten des Reichs war denn 
auch durchgehends ein sehr befriedigendes und wird dieß ohne Zweifel 
von Jahr zu Jahr in verstärktem Grade werden, je mehr sich das 
Reich in die Anschauungen und die Gewohnheiten der Nation einlebt. 
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Von den Berathungen des Bundesraths und seiner Ausschüsse verlautet Der 
undes- 
zwar, von den Beschlüssen abgesehen, fortwährend nicht allzuviel; doch liegt rath. 
so viel vor, daß hier ohne ernste Differenzen nicht nur gründlich, sondern auch 
verhältnißmäßig rasch gearbeitet wird, ganz anders als beim ehemaligen 
Bundestage in Frankfurt. Dagegen wurde von Seite Bayerns die Klage 
laut, daß die Vorlagen, die durch den Reichskanzler und seine Organe 
dem Bundesrathe zugingen, vielfach fix und fertig aus dem preußischen 
Staatsministerium stammten und daß es wünschenswerth wäre, wenn 
auch den Vertretern der übrigen Reichsglieder ein Einfluß schon auf 
die Feststellung dieser Vorlagen eingeräumt würde. Die Klage war 
offenbar nicht unbegründet und der Reichskanzler, wie es scheint, auch 
nicht ungeneigt, dem Uebelstand abzuhelfen, obgleich dieß bei der jetzigen 
Organisation der Reichsregierung und des Bundesrathes nicht gerade 
leicht sein dürfte. Gerade hier macht sich die noch sehr unfertige 
Organisation des Reichs, wie sie mit der Verfassung vom ehemaligen 
norddeutschen Bunde auf dieses übergegangen ist, sehr fühlbar und 
gibt fortwährend zu zahlreichen Gerüchten über beabsichtigte Verände- 
rungen Anlaß, ohne daß diese sich indeß bis jetzt irgendwie bestätigt 
hätten. 
Der 
deichs- 
Mehr in die Augen fallend als die Thätigkeit des Bundesraths 
ist diejenige des Reichstags, dessen Session am 12. März vom Kaiser 
eröffnet wurde und erst am 25. Juni zu Ende ging. Die Thron— 
rede war, wie immer, auffallend schlicht und wesentlich geschäftsmäßig 
gehalten und sprach nur am Schluß das „volle Vertrauen auf die Er— 
haltung und die fortschreitende Befestigung des Friedens“ aus. Doch 
legte der Kaiser und wahrlich nicht ohne Grund neben anderen dem 
Reichstage zu machenden Vorlagen behufs Aufrechthaltung und Ausbil- 
dung der Wehrhaftigkeit des Reichs den Hauptnachdruck auf das von 
Preußen dem Bundesrathe vorgelegte, von diesem durchberathene 
und in allem wesentlichen einstimmig genehmigte allgemeine Militär- 
gesetz, das die gesammte Militärorganisation des Reichs endlich auf 
tag.
	        
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