AUebersicht der Ereignisse des Lahres 1873.
und seine Folgen in die äußerste Verwirrung gestürzt worden sein wird.
Ein Uebergang aber vom passiven zum activen Widerstand, ein Ver-
such gewaltsamer Erhebung ist in Deutschland vollkommen aussichts-
los: er würde augenblicklich zu Boden geschlagen werden.
Ein Religionskrieg ist in unseren Tagen in Deutschland nicht mehr
möglich. Er könnte nur von außen, von Frankreich, nach Deutschland
hineingetragen werden. Im Herbst des Jahres 1873, als die monarchi-
schen Parteien Frankreichs die Geschicke des Landes in der Hand zu
haben glaubten, um Heinrich V. wieder auf den Thron zu setzen, stand
diese Möglichkeit nicht allzuferne. Das Scheitern ihrer Plane befreite
Deutschland und Europa vorerst wieder von einer so traurigen Aus-
sicht. Aber die Majorität der franz. Nationalversammlung ist noch
immer dieselbe und findet sich immer wieder zusammen, auch wenn sie
einen Augenblick auseinander zu fallen droht. Und neben ihr, von
Frankreich unterstützt, steht der spanische Carlismus, der in neuester
Zeit entschiedene Erfolge errungen hat. Beide sind Werkzeuge in der
Hand Roms. Es wird die Aufgabe der deutschen Reichsregierung sein,
zu rechter Zeit Fürsorge zu treffen, daß nicht von dieser Seite sich
eine Gefahr zusammenballe und den Frieden Deutschlands und der
Welt bedrohe, der sonst trotz alles Zündstoffes und aller Schwierigkeiten
immerhin noch auf Jahre hinaus gesichert sein dürfte. Die Lage der
Dinge hat sich seit einem halben Jahrhundert sozusagen geradezu um-
gedreht. Die moderne Weltanschauung, so unfertig sie auch noch in
vieler Beziehung ist, hat im Großen und Ganzen das Uebergewicht
errungen. Die liberale Strömung, der Träger dieser Weltanschauung,
ist fast überall im Besitze der Gewalt und die reactionäre Partei ist
ebenso fast überall zu einer revolutionären geworden. Es bildet diese
Thatsache wesentlich mit die Signatur des Jahres 1873.
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