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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
am Rhein, in der bayerischen Pfalz, in Franken etc. etc. einen lang-
samen aber sicheren Gang zu nehmen und wird von Bonn und Mün-
chen aus augenscheinlich mit Umsicht und Energie geleitet. Die theo-
logische Fakultät der Universität Bonn gehört in ihrer Mehrheit dem
altkatholischen Bekenntnisse an. In dem der Schweiz benachbarten
badischen Seekreis (Constanz) wird ein energischer Angriff auf die
römische Kirche vorbereitet.
31. Jan. (Preußen.) Das Vorgehen des brandenburgischen Consistoriums
gegen den liberalen Berliner Prediger Sydow hat eine weit greifende
Agitation für und gegen den Gemaßregelten hervorgerufen. Der Ber-
liner Magistrat, die Gemeinde Sydow's und zahlreiche andere Prediger
erklären sich laut für ihn und mit ihm im wesentlichen durchaus ein-
verstanden. Orthodoxe Pastoren erlassen dagegen auch ihrerseits Er-
klärungen, durch welche sie der Maßregel des Consistoriums zustimmen.
1. Februar. (Deutsches Reich.) Bundesrath: Der Reichskanzler legt
demselben einen Gesetzesentwurf betr. die Geldmittel zur Umgestaltung
der deutschen Festungen ausschließlich derjenigen in Elsaß-Lothringen vor:
„Art. 1. Aus den nach dem Reichsgesetz vom 8. Juli 1872 reservirten
1½ Milliarden Franken der von Frankreich zu zahlenden Kriegskosten-Ent-
schädigung ist ein Betrag von 68 Millionen Thalern zur zeitgemäßen Um-
gestaltung der deutschen Festungen, ausschließlich derer in Elsaß-Lothringen
zu verwenden. Art. 2. Von dieser Summe werden dem Reichskanzler für
die Jahre 1873 und 1874 18 Millionen Thlr., für die folgenden 10 Jahre
je 5 Millionen Thaler zur Verfügung gestellt. Diese letzteren Beträge sind
in den Reichshaushaltsetat der betreffenden Jahre aufzunehmen. Art. 3.
Der Reichskanzler wird ermächtigt, den im Art. 1 bezeichneten Betrag, soweit
derselbe zufolge der Bestimmung im Art. 2 erst im Jahr 1874 und später
zur Verwendung kommt, zinsbar anzulegen. Die aufkommenden Zinsen sind
alljährlich in den Reichshaushaltsetat aufzunehmen. Art. 4. Die im Besitz
der Militärverwaltung befindlichen Grundstücke, welche für dieselbe in Spandau
durch die Erweiterung dieser Festung und in Stettin dadurch entbehrlich
werden, daß die Festung Stettin durch die für Küstrin angeordneten Ver-
stärkungen ersetzt werden soll, werden für Rechnung des Reichs insoweit ver-
äußert, als ihr Erlös die Ausgaben für die Erweiterung von Spandau, be-
ziehungsweise die Verstärkung von Küstrin und die bei Stettin im Interesse
der Landesvertheidigung nothwendigen Einebnungsarbeiten nicht übersteigt.
Dieser Erlös ist in den nächsten Reichshaushaltsetat aufzunehmen, und sofern
nicht durch den Etat oder durch besondere Gesetze anderweitig verfügt wird,
nach dem durch Art. 6 des Gesetzes, betreffend die französische Kriegsentschädi-
gung vom 8. Juli 1872, festgestellten Maßstabe zwischen dem vormaligen
norddeutschen Bunde, Bayern, Württemberg, Baden und Südhessen zu ver-
theilen. Der Verkaufserlös derjenigen im Besitze der Militärverwaltung be-
findlichen Grundstücke, welche im Fall einer Erweiterung der inneren Um-
wallung der Festung Köln entbehrlich werden, kann zu den Kosten dieser
Erweiterung verwendet werden. Art. 5. Die im Besitze der Militärver-
waltung befindlichen Grundstücke, welche für dieselbe dadurch entbehrlich werden,
daß die Festungen Minden, Erfurt, Wittenberg, Cosel, Graudenz, Colberg
und Stralsund — letztere beide ausschließlich der Werke an der Küste und
auf Rügen — als solche eingehen sollen, werden für Rechnung des Reichs
insoweit veräußert, als ihr Erlös zur Deckung der Kosten für die im Interesse
der Landesvertheidigung nothwendigen Einebnungs-Arbeiten erforderlich ist.