Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
des Fürsten Putbus und „anderer Abenteurer“. Ueberall warf er grelle 
Schlaglichter auf die Verwaltung von Itzenplitz, dessen Ehrlichkeit er nicht 
bezweifelt, den er aber als unfähig und in unbekannte Gebiete hineinge- 
taumelt darstellt. Unter lebhaftem Beifall verlangte Lasker auf Grund des 
Artikels 82 der Verfassung („Ein jedes Haus des Landtages hat die Be- 
fugniß, behufs seiner Information, Commissionen zur Untersuchung von 
Thatsachen zu ernennen") Niedersetzung einer Untersuchungscommission. Roon 
schnitt dem gleichfalls aufgestandenen Minister Itzenplitz das Wort ab und 
sagte, was er unter den obwaltenden Verhältnissen allein sagen konnte: Alles 
von Lasker vorgebrachte Erhebliche sei ihm neu; wenn er die Ueberzeugung 
der Richtigkeit hätte, würde er den Brief nicht geschrieben haben. Weitere 
Untersuchungen sagte er zu. Nun trat Itzenplitz auf. Er vertheidigte sich 
gegen Dinge, welche Lasker nicht behauptet hatte, und brachte so Unerheb- 
liches vor, daß das Haus zuerst ihn murrend unterbrach und dann sich 
Privatgesprächen überließ, welche die weitere Rede des Ministers völlig un- 
verständlich machten. Derart hat niemals das Abgeordnetenhaus einen Mi- 
nister behandelt. Bezeichnend ist es, daß, als Itzenplitz zu sprechen begann, 
alle Minister aufstanden und hinausgingen. 
Die öffentliche Meinung ist einstimmig der Meinung, daß Lasker sich 
durch seine muthigen Enthüllungen um den Staat wohl verdient gemacht 
habe, daß es höchste Zeit sei, dem Schwindel ein Ende zu machen und daß 
der Regierung gar nichts anderes übrig bleibe, als dem entrüsteten öffent- 
lichen Gewissen freie Bahn zu machen, auch gegenüber den höchstgestellten 
Schuldigen, wie gegen den Geh. Rath Wagener, den ersten vortragenden 
Rath im Staatsministerium. Die Stellung des Handelsministers Grafen 
Itzenplitz aber ist nach dieser Sitzung völlig unhaltbar geworden. 
8. Febr. (Preußen.) Das Staatsministerium beschließt in Folge der 
neuen Enthüllungen Lasker's bez. der Schwindeleien des Geh. Raths 
Wagener mit Eisenbahnconcessionen das der förmlichen Disciplinar- 
untersuchung vorangehende sog. Scrutinalverfahren gegen denselben 
einzuleiten. 
„ (Preußen.) Abg.-Haus: Lasker beantragt die Niedersetzung einer 
Eisenbahnuntersuchungs-Commission von Seite des Hauses und daß 
die Staatsregierung zur Mitwirkung bei dieser Untersuchung einge- 
leitet werde. 
Der Antrag ist unzweifelhaft nicht bloß gegen Wagener etc., sondern 
namentlich auch gegen die Geschäftsgebahrung des Handelsministers in dieser 
Materie gerichtet. 
9.   „ (Preußen.) Abg.-Haus: Die nat.-liberale Fraction beschließt, 
obgleich die Eisenbahncommission mit allen gegen 2 Stimmen die An- 
nahme des Gesetzesentwurfs betr. Aufnahme einer Anleihe von 120 
Millionen Thlrn. zur Erweiterung des Staatseisenbahnwesens empfiehlt, 
dieses Gesetz dem jetzigen Handelsminister, Grafen Itzenplitz, nicht zu 
bewilligen. 
9. u. 10. Febr. (Baden.) Große Altkatholiken-Versammlung in Con- 
stanz, an der sich auch die benachbarte Schweiz zahlreich betheiligt. 
Die Redner sprechen sich energisch gegen die päpstliche Unfehlbarkeit 
und für die Bildung altkatholischer Gemeinden aus; die Versammlung 
ertheilt den vorgeschlagenen Resolutionen durch Aufheben der Hände 
ihre Zustimmung. In der Gemeinde Constanz wird über die An-
	        
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