Full text: Europäischer Geschichtskalender. Siebzehnter Jahrgang. 1876. (17)

Die Gekerreichisch-Angerische Mesarchie. (Jan. 17 — Febr. S.) 235 
Klosters ein Reichsgesetz erforderlich sei, angenommen. Dagegen 
wird das vom Abg.-Hausfe beschlossene Gesetz über Regelung der 
Rechte der Altkatholiken vom Herrenhause abgelehnt. 
17. Januar. (Oester reich.) Selbst das Herrenhaus ist 
durch die Forderungen Ungarns bez. des Ausgleichs in Bewegung 
gerathen. Auf Anregung Schmerlings treten Mitglieder aller Frac- 
tionen zusammen und beschließen, keiner weiteren Lockerung des Ein- 
heitsbandes der Monarchie zuzustimmen, weil eine solche einer Mehr- 
belastung Oesterreichs oder einer Schädigung seiner Ereditverhält- 
nisse gleich käme. Dieser Beschluß wird dem Ministerium durch 
eine eigene Abordnung mitgetheilt. Das Ministerium ist darüber 
etwas verstimmt, da ihm die Hände für die Unterhandlungen mit 
Ungarn nachgerade allzusehr gebunden würden. 
18. Jannar. (Oesterreich.) Der ausgezeichnete Journalist 
Levysohn (Deutscher) wird von der Regierung wegen angeblich „de- 
structiver Richtungen“ ausgewiesen, ohne daß man ihm die Mög- 
lichkeit gegeben hätte, sich gegen bestimmt formulirte Anklagen zu 
vertheidigen. Die Maßregel macht in Oesterreich und noch mehr 
in Deutschland einen fehr schlechten Eindruck. 
29. Januar. (Ungarn.) Franz Deak f. Die Trauer um 
den Verstorbenen ist eine allgemeine. Die Keiserin selbst erscheint 
an seinem Sarge, um unter ergreifenden Anzeichen schmerzlicher 
Bewegung an demselben zu beten und einen Kranz niederzulegen. 
Das Abg.-Haus beschließ, den großen Patrioten auf Staatskosten 
beerdigen zu lassen. 
2. Februar. (Oester reich.) Abg.-Haus: Der Präsident 
Rechbauer widmet dem Hinschied des ungarischen Patrioten Deak 
eine sehr warm gehaltene Nachrede. 
6.—8. Februar. (Oesterreich.) Abg.-Haus: Dreitägige 
Debatte über eine vom confessionellen Ausschuß vorgelegte Novelle 
zum Ehegesetz, welche schließlich angenommen wird. 
Die Debatte dreht sich fast nur um die Frage, wie das Ehehinderniß 
der kath. Geistlichen zu lösen sei. Die Moajorität des Ausschusses glaubte 
einen Unterschied machen zu sollen zwischen jenen, welche die höheren und 
jenen, welche die niederen Weihen empfangen haben, und beantragte, daß 
bei ersteren das Ehehinderniß nur im Falle des Uebertritts zu einer andern 
Religionsgenossenschaft. bei Ordenspersonen hingegen schon durch den Aus- 
tritt ans dem Orden allein beseitigt sein soll. Die Minorität des Ausschusses 
dagegen will, von dem Grundsatze ausgehend, daß das Cölibat eine Sache 
kirchlicher Disciplin sei, um die sich der Staat nicht zu kümmern habe, die 
beiden Ehehindernisse einfach aus dem bürgerlichen “me2 ausstreichen 
und von staatswegen Geistlichen und Orbenspersonen die #hirathung ge-
	        
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