Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

306 Großbritannien. (November 9.) 
„Die Ausschreitungen der Regierung gehen über alle Erwartungen 
hinaus und haben einen Punkt erreicht, wo ihre Beamten, die besoldet werden 
und verpflichtet sind, das Gesetz aufrecht zu halten, am schreiendsten gegen 
dasselbe verstoßen. Der Verwerfung von Home-Rule ist nach dem natür- 
lichen Laufe der Dinge der Zwang gefolgt. Zwang ist unter dem Vorgeben, 
" r er Verbrechen verhüten soll, gegen die Presse und das öffentliche Ver- 
sammlungsrecht gerichtet worden. Die wilüriche Untersagung von Volks- 
versammlungen genügte nicht, und es folgte derselben in Mitchelstown die 
frevelhafteste und unordentlichste Ruhestörung mit jenen beklagenswerten und 
verhängnisvollen Folgen, über welche sich die Minister im Parlament beifällig 
geäußert haben. Diese an sich beklagenswerten Vorkommnisse werden zum 
mindesten der Nation, und nicht am wenigsten Schottland, die uns vorliegende 
eigentliche Frage klar machen. Dieselbe hat bereits die elende Hohlheit der 
Versicherung, daß die Union, wie sie jetzt verwaltet wird, Irland dieselben 
Rechte gibt, die wir besitzen, bloß gelegt und bewiesen, daß der Geist der 
alten Tyrannei in den Herzen der jetzigen irischen Verwaltung lebt, obwohl 
sie glücklicherweise nicht die Macht Straffords, Cromwells oder Clare's besitzt“. 
9. November. Lordmayorsbankett in London. Der 
Premierminister Lord Salisbury hält dabei nachstehende Rede: 
„Als ich das letztemal die Ehre hatte, eine Ansprache an den obersten 
Beamten der City zu halten, wagte ich Sir Reginald Hanson gegenüber die 
Prophezeihung auszusprechen, daß er sein Lordmayorat in einer Zeit tiefen 
Friedens beendigen würde. (Beifall.) Zu jener Zeit hielt man meine Prophe- 
zeihung für etwas voreilig. Heute freut es mich, sagen zu können, daß sie 
erfüllt worden ist. Während der entschwundenen Zeit hat sich nichts beson- 
deres oder dramatisches in den auswärtigen Angelegenheiten zugetragen, wo- 
rüber ich Ihnen Mitteilung zu machen hätte. Unser Ziel, welchem wir nicht 
ganz ohne Erfolg nachstreben, ist, Ursachen der Verstimmung und des Streites 
zwischen uns und unseren auswärtigen Bundesgenossen zu beseitigen. Ich 
habe bereits jenes Abkommen erwähnt, welches die afganische Grenzfrage 
öste, ein Abkommen, welches mit dem Kaiser von Rußland geschlossen wurde 
und gleich befriedigend für dessen Regierung wie für die unfrige war. Es 
freut mich, zum Beweise dafür, daß nichts, was ich gesagt habe, übertrieben 
ist, konstatieren zu können, daß unser Verbündeter, der Emir von Afganistan, 
das Abkommen herzlich angenommen hat. Mit weiterer Befriedigung habe 
ich heute nachmittag vernommen, daß eine ernstliche Gefahr, welche dem Welt- 
frieden in jenen Gegenden drohte, nun auch beseitigt worden ist. Der Prä- 
tendent Ejub Chan, welcher dem Frieden Afganistan's hätte gefährlich werden 
können, bat sich der Regierung von Indien ergeben. (Anhaltender Beifall.) 
Des weiteren haben wir das Glück gehabt, mit der französischen Regierung 
zu einem Einverständnis über den Suezkanal und die Neu-Hebriden zu ge- 
langen. Ich lege weder auf die oben erwähnten Fragen noch auf die der 
afganischen Grenze ein ungeheuer großes Gewicht. Aber es bleibt doch 
immer von Bedeutung, daß ein Stein des Anstoßes zwischen den beiden 
Ländern beseitigt worden ist und die Aussichten auf Frieden sich dadurch 
noch verstärkt haben. Wenn ich dazu noch hinzufügen darf, was gegenwärtig 
freilich nur eine Hoffnung und noch keine vollendete Thatsache ist, so sei es 
mir gestattet, zu sagen, daß wir guten Grund haben, zu glauben, daß auch 
die zwischen uns und den Vereinigten Staaten entstandenen Fischereistreitig- 
keiten bald geordnet werden dürften — eine Aufgabe, welcher sich einer der 
hervorragendsten Staatsmänner der Zeit unterzogen hat und welcher, trotz- 
dem daß er nicht unser politischer Parteigenosse ist, um des Vaterlandes 
willen seine großen Talente der Beilegung dieser großen Differenzen gewid- 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.