Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dritter Jahrgang. 1887. (28)

Bulzarien. (Januar Mitte —28.) 461 
sie gesetzlich zuläffig und nicht gefährlich für die öffentliche Ordnung gewesen 
find, so Aufhebung des Belagerungszustandes und die Freilassung der 
Attentäter. Niemals sei dagegen von Kaulbars ein Koalitions-Ministerium 
gefordert worden, und wenn Giers dies behaupte, so müsse er falsch be- 
richtet sein; im Gegenteil, Zankow habe auf Kaulbars Rat die selbständigen 
Vorschläge der bulgarischen Regierung diesbezüglich abgelehnt. Zwei Wochen 
nach Kaulbars Abreise habe dann Gadban Pascha den auf das Koalitions= 
Ministerium bezüglichen Vorschlag gemacht, aber mit der Bedingung, den 
Mingrelier zum Fürsten zu wählen, was unannehmbar gewesen sei. Das 
Zirkular schließt: „Wir haben immer anerkannt, daß die Lösung der bul- 
garischen Frage, für welche sich besonders Rußland interessiert, das Bul- 
garien geschaffen hat und gewiß nicht an seine Unabhängigkeit rühren will, 
in den gide der Signatarmächte des Berliner Vertrages liegt. Wir hegen 
die Hoffnung, daß angesichts einer praktischen Lösung der gegenwärtigen 
Schwierigkeit die Großmächte den Wünschen des bulgarischen Volkes ebenfalls 
Rechnung tragen werden, welches zwar Ruhe und Ordnung will, aber auch 
oft Kenu seinen festen Willen ausgesprochen hat, sein Recht auf politische 
Selbständigkeit zu verteidigen."“ 1 
Dem Rundschreiben find die Abschriften der zwischen den Ver- 
trauensmännern der Regierung und Zankow gewechselten Briefe bei- 
gefügt, aus denen hervorgeht, daß die Regierung Zankow und der 
Oppofition aus freiem Antriebe den Eintritt in die Regentschaft 
und die Regierung vorgeschlagen, diesem auch das Zurateziehen 
Kaulbars' in der Frage nicht verweigert hat, daß aber Zankow auf 
der Bildung einer Regierung ohne Regentschaft und nur aus Män- 
nern der ruffischen Partei bestanden hat, worauf die Verhandlungen 
sich zerschlugen. 
Mitte Januar. Der „Politischen Korrespondenz“ wird aus 
Sofia gemeldet, daß die Regentschaft ihre Entlassung zu neh- 
men bereit sei, wenn der von mehreren Seiten ausgesprochene Ge- 
danke die Lösung der bulgarischen Frage einer europäischen Kon- 
ferenz anzuvertrauen verwirklicht würde. Die gesamte Regierung sehe 
diesen Gedanken als einen sehr glückichen an und würde nur die eine 
Bedingung für ihren Rücktritt stellen, daß die derzeitige Sobranje 
anerkannt werde. 
Zweite Hälfte Januar. Griechenland willigt in die Bestel- 
lung einer bulgarischen Agentschaft in Athen auf der Grund- 
lage wie die in Rumänien, Serbien und in der Türkei bestehenden 
Vertretungen Bulgariens. 
28. Januar. Der vorübergehend von der Deputationsreise 
in Sofia eingetroffene Regent Kaltschew reist nach Konstanti- 
nopel. 
Er ist beauftragt, die Pforte auf die Beunruhigung aufmerksam zu 
machen, welche das Volk über die Berufung Zankows empfinde; dieselbe sei
	        
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