Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

114 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli Mitte—Ende.) 
ministeriums auf die Polenadresse gerichtet an den Grafen Buinski. 
Das Schriftstück lautet: 
Seine Majestät der Kaiser und König haben Allergnädigst geruht, 
die von Euerer Hochgeboren und Mitunterzeichnern unter dem 4. d. 
eingereichte Ergebenheitsadresse dem Staatsministerium mit dem Befehle zu- 
gehen zu lassen, dieselbe in Allerhöchstdero Namen zu beantworten. 
Das Staatsministerium entledigt sich dieses ihm gewordenen Aller- 
höchsten Auftrages mit dem Versichern, daß Seine Majestät der König 
der Treue, mit welcher die Preußen polnischer Abstammung an dem Throne 
und dem Staate hängen, niemals gezweifelt haben. Aber es hat Seiner 
Majestät Freude gemacht, dasselbe Gefühl, von welchem Allerhöchstdero pol- 
nisch redende Unterthanen in ihrer großen Mehrheit jederzeit beseelt gewesen 
sind, auch in der Adresse vom 4. d. M. ausgedrückt zu finden. Se. Majestät 
entnehmen daraus die Zuversicht, daß die Herren Unterzeichner der Adresse 
das Gefühl der treuen Anhänglichkeit und der Dankbarkeit für die Wohl- 
taten geordneter staatlicher Einrichtungen auch in ihrer Beteiligung an den 
parlamentarischen Arbeiten des Reichs= und des Landtages im Interesse des 
preußischen Staates betätigen werden. 
Das Staatsministerium stellt Ew. Hochgeboren anheim, den Herren 
Mitunterzeichnern der Adresse vom 4. d. M. eine entsprechende Mitteilung 
zugehen lassen zu wollen. 
Das Staatsministerium. 
v. Bismarck. 
Berlin, den 29. Mai 1888. 
21. Juli. (Zweikaiserzusammenkunft.) Das „Journal 
de St. Petersbourg“ beurteilt die Bedeutung der Begegnung der 
beiden Kaiser folgendermaßen: 
„Heben wir den allgemeinen tiefen Eindruck dieser denkenswürdigen 
Feierlichkeit hervor. Es ist dies die vollkommene Harmonie zwischen den 
Gesinnungen der beiden Souveräne, die unter so feierlichen Umständen zu- 
sammengekommen sind und denjenigen, die in 46 überaus großer Anzahl her- 
beigeeilt sind, um dieser Vereinigung beizuwohnen. Wenn die Einstimmig- 
keit der Souveräne sich ebenso getreu in den Gesinnungen der Bevölkerung 
wiederspiegelt, so kann man vertrauensvoll auf eine Aera freundschaftlicher 
Beziehungen rechnen, die unter den gegenwärtigen Umständen ein um so 
größeres Gewicht haben, als sie ein sicheres Unterpfand für die Aufrechterhal- 
tung des allgemeinen Friedens sind, nach welchem sich die ganze Welt sehnt. 
Mitte—Ende Juli. (Kartell.) Zur Abwehr der gegen sie 
gerichteten Angriffe wegen ihrer, wie die „Kreuzzeitung“ und „Ger- 
mania“ bemerkten, „nationalliberalen“ Haltung in der Kartell- 
frage führt die „Nordd. Allg. Ztg.“ aus, daß sie von jeher kon- 
servative Grundanschauungen vertreten habe und vor allem die 
Grundlage unseres auf monarchischem Fundamente aufgebauten 
Staatswesens erhalten wolle. Dann fährt sie fort: 
„Dabei müssen wir selbstverständlich und um so eher mit den extremen 
Strömungen von rechts und von links in Auseinandersetzungen geraten, je 
leidenschaftlicher diese letzteren in den Gedanken verrannt sind, den Gang der 
Ereignisse ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse aus dem Gesichts- 
winkel einer Partei oder Clique heraus bestimmen zu können. Die „Kreuz- 
 
	        
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