Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (September 1.) 125
mich in einer Weise gesunden ließ, die mich zu meinen Berufsgeschäften wieder
fähig machte. So preise ich Gott für diese Seine Führung, in der ich zu-
gleich eine Mahnung erkenne, mich zu prüfen, ehe ich vor dem Richterstuhl
des Allmächtigten erscheinen soll! Daher erkenne ich in den so sichtbar ge-
wordenen Ereignissen eine gnadenvolle Führung Gottes, die zum Guten führen
soll, wie alles, was von ihm in Leid und Freude uns trifft. Darum preise
ich die Vorsehung für die schmerzensvollen Ereignisse des ablaufenden Jahres.
Sie haben mir aber auch Erhebendes gebracht, durch die Teilnahme, welche
mir von allen Seiten zu teil wurde.
Zunächst findet hier meine Gemahlin meinen heißen Dank für ihre
Liebe und Teilnahme, die sie mir, selbst leidend, schenkte, demnächst meine
Tochter, die mit kindlicher Liebe mich pflegte und mir so wohl tat. Alle
Familienglieder nah und fern finden hier meinen liebevollen Dank für alles,
was sie mir teilnehmendes in der Schmerzenszeit bewiesen. Allen denen,
die in so überraschender Weise meiner gedachten, gebührt hier mein inniger
Dank. Und woher kam diese Teilnahme? Von wo anders als vom All-
mächtigen, dessen Führung es wollte, daß ich in der Welt so gestellt ward,
daß Seine Gnade sich jedermann einprägte, die über mir waltete. Und in
dieser Waltung erkenne ich wiederum Seine Liebe und Barmherzigkeit, daß
Er mich ausrüstete, Seinen Willen hier auf Erden zu vollführen und Er
mich und mein Volk würdig fand, das übertragene Pfund zu verwalten.
Also wiederum nur Gottes Gnade preise ich in allem, was mir von Men-
schen in der Leidenszeit gutes zu teil ward. Aber nicht bloß in dieser
Leidenszeit zeigte sich diese Teilnahme, sondern jederzeit habe ich dieselbe in
einem Maße empfangen, die weit über das Verdienst ging, mit dem ich jenes
Pfund verwalten konnte. Die Menschen haben meine Schwächen und Fehler
übersehen wollen; aber Der welcher sie kennt, wolle mir dereinst ein barm-
herziger Richter sein, wo ich die Lehren und Weisungen des Eingeborenen
Sohnes des Himmlischen Vaters nicht achtete!
Herr Dein Wille geschehe im Himmel also auch auf Erden.
Im Glauben ist die Hoffnung und die himmlische Liebe der Weg
dahin! Amenl Wilhelm.
1. September. (Exerzierreglement.) Die später durch das
„Armee-Verordnungsblatt“ veröffentlichte Allerhöchste Kabinetsordre,
betr. die Herausgabe des Exerzierreglements für die Infanterie, lautet:
In dankbarem Gedenken an Meines in Gott ruhenden Herrn Vaters
Majestät übergebe Ich hiermit der Armee das aus Seiner Anregung hervor-
gegangene neue Exerzierreglement für die Infanterie. Dasselbe soll neben
voller Aufrechterhaltung der althergebrachten Zucht und Ordnung der Aus-
bildung für die Bedürfnisse des Gefechts weiteren Raum schaffen.
Der durch Vereinfachung mancher Formen erreichte Vorteil darf nicht
dadurch verloren gehen, daß von irgend jemand zur Erzielung gesteigerter
äußerlicher Gleichmäßigkeit oder in anderer Absicht mündliche oder schrift-
liche Zusätze zu dem Reglement gemacht werden. Es soll vielmehr der für
Ausbildung und Anwendung absichtlich gelassene Spielraum nirgends eine
grundsätzliche Beschränkung erfahren.
Jeden Verstoß gegen diesen Meinen Willen werde ich unnachsichtlich
durch Verabschiedung ahnden.
Im übrigen ist jede Zuwiderhandlung gegen die Festsetzungen des I.
und III. Teils mit Ernst zu rügen, mißverständliche Auffassung des II. Teils
dagegen in belehrender Form zu berichtigen.
Berlin, den 1. September 1888. Wilhelm.
An das Kriegsministerium.