Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (Januar 11.—13.) 205
Monarchie auf ein Maß zurückführe, wie es Österreich-Ungarn im Interesse
seiner Sicherheit fordern müsse.
11. Januar. (Niederösterreich: Ehekonsens.) Landtag:
geht über den Antrag des Abg. Dötz (klerikal) u. Gen., das Recht
der Eheschließung von der Zustimmung der autonomen Gemeinde
abhängig zu machen, zur Tagesordnung über.
Der Berichterstatter Weitlof begründet die Ablehnung des Antrags
u. a. mit dem Hinweise daß derselbe seit 1864 verschwunden, seit einigen
Jahren wiederkehre (vgl. Gesch.-Kal. 1886 I. 14), aber stets die gleiche Ab-
lehnung des Landtages erfahren habe. Auch habe die Regierung dem zu-
stimmenden Beschlusse des oberösterreichischen Landtages (Gesch.-Kal. 1886
I. 18) nicht Folge gegeben.
12. Januar. (Ungarn: Rumänische Agitation.) Im
Verwaltungsausschusse des Jemeser Komitats kommt das Verhalten
des rumänischen Pfarrers in Remete, Michael Petreszku zur
Erörterung und es werden folgende Tatsachen festgestellt:
Der Pfarrer forderte in einer am vorhergehenden Sonntage gehaltenen
Predigt die Gläubigen seiner Gemeinde auf, im Falle des Krieges für den
Sieg der russischen Waffen zu beten. Tags darauf verkündete er an öffent-
lichen Orte, daß die russische Armee bereits im Anmarsch begriffen sei und
daß es den Magyaren genau so ergehen werde, wie im Jahre 1848. Er
erklärte, daß er es mit den Russen halten werde, denn er anerkenne weder
den ungarischen Staat noch den gekrönten König.
Ferner befahl er dem Lehrer der rumänisch konfessionellen Schule des
Ortes, die andersgläubigen schulpflichtigen Kinder aus der Schule zu ent-
fernen.
Wegen beider Tatsachen wird das gerichtliche Verfahren gegen ihn
eingeleitet. ·
13.Januar.(Böhmen:Jungtschechen und Groß-
grundbesitz.) Landtag: Erste Lesung eines Antrags Waschatys
(Jungtsch.) betr. Durchführung der sprachlichen Gleichberechtigung.
In seiner Begründungsrede greift der Antragsteller den Landesaus-
schuß aufs heftigste an, weil er sich völlig passiv verhalte, ebenso die Re-
gierung, daß sie nicht einmal in Prag die tschechische Sprache respektiere,
daß die Finanzdirektion und die Steuerbehörden tschechische Eingaben deutsch
erledigten, besonders aber den Unterrichtsminister, der Eingaben an ihn nur
in der Sprache der Zentralbehörden gestatte. Seinen Antrag hätten die
Großgrundbesitzer aus Opportunitätsgründen nicht unterschrieben. Es sei ja
bekannt, daß die Regierung die Durchführung der Gleichberechtigung nicht
wünsche, und es scheine, daß die Großgrundbesitzer das nicht unterstützen
wollen, was der Regierung unangenehm sei. Daß der verfassungstreue Groß-
grundbesitz gegen die Anträge der Tschechen gestimmt habe, sei erklärlich;
daß aber die Vertreter des historischen Adels, daß Männer, die Palacky und
Wojaczek heißen .. Daß Männer, an deren Wiegen tschechische Lieder
gesungen wurden, einem Antrage auf Durchführung der Gleichberechtigung
opponieren werden, halte er für unmöglich. Er hoffe, daß auch sie für die
Zuweisung des Antrages an eine Kommission stimmen werden. (Beifall
seitens der Jungtschechen.)