Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

210 Die Österreichisch- Ungarische Monarchie. (Januar 19.) 
ihnen dasselbe geschehen, wie mit den Sachsen. Was also den Ungarn, 
Szeklern, Sachsen gleichmäßig geschehen ist, so hinzustellen, als wäre es eine 
Verfolgung gegen einen bestimmten Stamm, geht in gerechter Weise nicht 
an. Er sagte, gleichsam aus Gnade sei die sächsische Universität belassen 
worden, aber nur als kulturelle und vermögensverwaltende Institution. Ich 
will vor allem bemerken, daß die sächsische Universität rechtlich nie einen 
munizipalen Rechtskreis besaß, denselben also im Jahre 1876 nicht verloren 
hat. Sie besaß einen kulturellen Beruf und das Recht, ihr Vermögen zu 
verwalten, und dies behielt sie auch. Gerade wenn auch die Herren Abge- 
ordneten einsehen — wie ich glaube, daß sie es einsehen — daß das Rätsel 
des Verbleibens ihrer Nationalität in Siebenbürgen das ist, daß sie einer- 
seits dem ungarischen Staate treu dienen, andererseits ihre Kultur auf dem 
jetzigen Niveau erhalten und womöglich heben, dann müssen sie einsehen, daß 
sie in der sächsischen Universität dasjenige beibehalten haben, was vom Ge- 
sichtspunkte dieser kulturellen Zwecke notwendig ist. Ich habe schon lange 
gesagt — mehrere können es bezeugen — und sage es auch jetzt, ohne von 
feindlicher Gesinnung gegen einen Volksstamm geleitet zu werden, daß die 
ungarischen und die sächsischen Elemente in Siebenbürgen zusammenhalten 
müßten. Ich freue mich, daß ich einmal, jetzt das erste Mal, gehört habe, 
daß dies auch auf jener Seite eingesehen wird. (Rufe links: Auch Zay hat 
es gesagt!) So entwickelt habe ich es noch nicht gehört; wenn er es gesagt, 
hat er sehr gut daran getan. Das hat einen Sinn, aber nicht den, wel- 
chen der Herr Abgeordnete erwähnt, daß sie nämlich gezwungen sind, eine 
besondere sächsische Partei zu bilden und sich keiner anderen Partei anzu- 
schließen, weil sie sich aus dem Grunde der Regierungspartei und aus jenem 
der Opposition nicht anschließen können. Das gesunde, parlamentarische Leben 
wünscht, daß die Parteien sich nicht nach Rassen, sondern nach Überzeugungen 
gruppieren. Ich wiederhole, so lange ich Einfluß haben werde, werde ich 
niemals Ungerechtigkeit begehen, denn ich habe sie auch bisher nicht begangen; 
wenn sie aber tun, was ich ihnen jetzt wohlwollend geraten, so mögen sie 
glauben, daß, wenn sie sich dann auch allen beiden Oppositionen anschließen 
würden, ich alles tun werde, was das Wohlwollen einer Regierung für sie 
und für die Richtung tun kann, daß die Sachsen in Siebenbürgen mit den 
Ungarn zusammen eine Phalanx bilden sollen. 
19. Januar. (Kärnten: slowenische Grundbücher- 
eintragungen.) Landtag: nimmt auch mit den Stimmen der 
slowenischen Abgeordneten folgenden Antrag des Abg. Luggin gegen 
den Erlaß des Justizministers Prazak an: 
1) Die vom Justizministerium getroffene Verfügung, daß Erledigungen 
von Grundbuchseingaben, welche in slowenischer Sprache verfaßt sind, nicht 
nur in eben dieser Sprache auszufertigen, sondern auch in derselben in das 
Grundbuch einzutragen seien, entspricht weder den Bedürfnissen noch den 
Interessen der Bevölkerung, ist geeignet, die Rechtssicherheit zu gefährden, 
den Wert und Nutzen des öffentlichen Buches zu beeinträchtigen und den 
Realkredit zu schädigen. 2) Der Landtag legt deshalb gegen die Aufrecht- 
haltung und Durchführung dieser das Wohl des Landes nachteilig berührenden 
Anordnungen Verwahrung ein und weist den Landesausschuß an, diesen Be- 
schluß zur Kenntnis des Gesamt-Ministeriums zu bringen und zu begehren, 
daß die Zurücknahme des erwähnten Justizministerial-Erlasses veranlaßt werde. 
In der Begründung sagt Abg. Luggin: Er zweifle, daß aus Kärnten 
dem Minister Beschwerden über die deutsche Grundbuchführung zugekommen 
seien, „denn hierzulande sind auch die Slowenen damit einverstanden, daß 
 
	        
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