Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

Die Österreichisch- Ungarische Monarchie. (Januar 22.) 215 
Abhaltung einer Konferenz vorgeschlagen, in welcher unter meinem Vorsitze 
Vertreter der Majorität und Minorität des Landtages zu dem Ende zusammen- 
treten sollen, um womöglich ein gegenseitiges Einverständnis darüber zu er- 
zielen, unter welchen Voraussetzungen die deutschen Abgeordneten wieder in 
den Landtag eintreten werden. 
Ich habe in diesem Schreiben mir zugleich erlaubt, vier Punkte als 
Grundlage der Beratung vorzuschlagen, jedoch es nicht für ausgeschlossen er- 
klärt, daß wenn die Konferenz zusammengetreten sein und ihre Beratungen 
begonnen haben wird, mit allseitigem Einverständnisse auch noch andere 
Punkte in den Kreis der Erörterungen gezogen werden. 
Bei Überreichung dieses Schreibens an Herrn Dr. Schmeykal als 
Obmann des Klubs der deutschen Abgeordneten war ich zugleich in der Lage, 
mündlich hinzuzufügen, daß die Einladung zu diesen Konferenzen mit Vor- 
wissen der k. k. Regierung geschieht und daß die Vertreter des Klubs der 
Großgrundbesitzer, sowie des Cesky klub die Bereitwilligkeit ausgesprochen 
haben, die Konferenz zu beschicken und die vorgeschlagenen vier Punkte zur 
Grundlage der Beratung anzunehmen. 
Darauf wurde mir am 20. Dezember v. J. von Herrn Dr. Schmeykal 
ein Schriftstück vom 19. Dezember 1887 überreicht, in welchem die Antwort 
enthalten ist, welche die Vertrauensmänner des deutschen Landtags-Klubs auf 
meine Vorschläge zu erteilen beschlossen haben. 
Ich habe daraus wohl mit Vergnügen ersehen, daß die Vertrauens- 
männer des deutschen Landtags-Klubs sich, wenn auch vorläufig nur be- 
dingungsweise, bereit erklären, in Verhandlungen nach den in meinem Schrei- 
ben vom 29. November 1887 bezeichneten Modalitäten einzugehen, bedauere 
jedoch, daß in ihrer Antwort auf meine Propositionen neuerlich ein Beschluß 
derselben vollinhaltlich angeführt wird, den die genannten Vertrauensmänner 
in einem früheren Stadium der Verhandlungen aus Anlaß von Anfragen 
des Herrn Dr. Rieger gefaßt hatten, in welchem sie ausgesprochen haben, 
daß sie auf Verhandlungen nur dann eingehen können, wenn sowohl von 
seite der Regierung als der Führer der Mehrheit des Landtages bindende 
Zusagen gegeben werden, daß dieselben den Grundsätzen, welche in den An- 
trägen der deutschen Landtags-Abgeordneten aus den letzten Landtags-Sessionen 
enthalten sind, die Zustimmung erteilen. 
Denn wenn dieser Beschluß noch als feststehend und auch gegenüber 
den von mir später gemachten Vorschlägen noch als geltend betrachtet werden 
wollte, so wäre dadurch eine Forderung gestellt, welche dem Wesen der vor- 
geschlagenen Verhandlungen durchaus widerspricht, weil dadurch verlangt 
würde, daß dem Beginne der Beratungen schon eine solche Einigung über 
die obschwebenden Streitfragen vorhergehe, welche im günstigsten Falle bei 
Abschluß der Beratungen nur als das Ergebnis derselben gehofft werden 
könnte. 
Nichtsdestoweniger habe ich die in dem Schreiben des Herrn Dr. 
Schmeykal vom 19. Dezember 1887 enthaltenen Gegenvorschläge den Ver- 
tretern der beiden anderen Landtags-Klubs mitgeteilt. Dieselben haben er- 
klärt, daß sie an der Bereitwilligkeit festhalten, mit den Vertretern des Klubs 
der deutschen Landtags-Abgeordneten auf der von mir unterm 29. November 
1887 bezeichneten Basis in Verhandlungen zu treten. Sie seien allerdings 
außer stande, die von den Vertrauensmännern des deutschen Landtags-Klubs 
gewünschte prinzipielle Zustimmung zu deren Landtagsanträgen auszusprechen. 
Selbstverständlich seien sie noch weniger in der Lage, eine solche prinzipielle 
Zustimmung namens der Regierung zuzusagen oder zu erwirken, sie seien 
jedoch bereit, für den Fall, daß durch die vorgeschlagenen Konferenzen eine 
Einigung erzielt würde, bei der k. k. Regierung nach Kräften dahin zu
	        
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