Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (Juli 2. Hälfte u. 28.) 265
Liechtensteinschen Schulantrag. Gleichzeitig mit der Manifestation des
deutsch-österreichischen Lehrertages erfolgt auch seitens der tschechischen
Lehrer eine Kundgebung zu Gunsten der bestehenden Schulgesetzgebung.
Nach den „Ucitelski Noviny“ erklärt die tschechische Lehrerschaft, daß
sie zu der tschechisch-nationalen Partei, von der sie materiell und moralisch
nur beschämende, brutale Demütigungen erfahren, kein Vertrauen haben
könne. Die deutschen Liberalen seien es vielmehr, denen die tschechischen
Lehrer alles verdanken, was sie haben. Die Erklärung der tschechischen Lehrer
verweist auf Mähren, wo die deutsche Landtags-Majorität die Volksschule zu
einer Stätte wahrer Volksaufklärung zu machen bestrebt ist, und im Gegen-
satze dazu wird auf den Zynismus hingedeutet, mit welchem die Alttschechen
kulturelle Fragen behandeln.
Am 25. Juli nimmt dann der Bukowinaer Landes-Lehrer-
verein gegen den Liechtensteinschen Schulantrag in einer scharfen
Resolution Stellung.
Auch ein von 600 Lehrern besuchter tschechischer Lehrertag zu
Turnau (6. August) wendet sich scharf gegen den Liechtensteinschen
Antrag.
2. Hälfte Juli. (Österreich-Dalmatien: Kroatische
Politik.) Der Landtags-Präsident Conte Vojnovic schließt die
Sitzung des dalmatinischen Landtages mit einer Rede, in der es
u. a. heißt:
„Sie trugen Sorge, daß diesem Lande das nationale Gepräge wieder
zurückgegeben werde. Durch Ihren Beschluß, wonach die serbisch-kroatische
Sprache als die offizielle Sprache des Landtages und des Landesausschusses
anerkannt wurde, haben Sie ein hundertjähriges Unrecht verurteilt und diese
Sprache an den Plagz gestellt, von welchem sie niemand mehr verdrängen
wird, so lange es ein Dalmatien gibt. (Lebhafte Zustimmung.) Als Sie
der Regierung Sr. Majestät durch erneuerte Beschlüsse den Wunsch aus-
drückten, daß unsere Sprache auch als innere Amtssprache aller k. k. Zivil-
behörden eingeführt werden möge, haben Sie die Regierung aufmerksam ge-
macht, daß nur durch Aneignung jenes gerechten Beschlusses die Verwaltung
dieses Landes im stande sein wird, der Nation und auch dem Reiche zum
Nutzen zu gereichen. (Bravo! So ist es!) Ihre berechtigten Wünsche wurden
bisher nur zum Teile erfüllt; aber Sie haben dieselben durch die vereinigte
Stimme der kroatischen und serbischen Vertreter heute neuerdings zum Aus-
drucke gebracht. Diese edle Eintracht haftet uns, mehr als welche Ver-
sprechungen immer, vollkommen dafür, daß Ihre Resolution doch endlich
durchgeführt werden wird. Dalmatien wird Ihnen dafür dankbar sein."
28. Juli. (Österreich: Professor Kral.) Der akademische
Senat der tschechischen Universität hatte seinerzeit beschlossen, daß der
außerordentliche Professor der tschechischen philosophischen Fakultät,
Kral, welcher mit Professor Masarzik die Echtheit der Königinhofer
Handschrift perhorresziert, durch drei Jahre dem Ministerium nicht
als ordentlicher Professor vorgeschlagen werden dürfe. Das Mini-
sterium hebt nun diesen Beschluß mit der Begründung auf, daß