Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

286 Spanien. (April 19.—Juni 1. Hälfte.) 
ligion betrifft, in der Unterwerfung unter meine Person auf dem Gebiete 
der Politik, und infolge dessen in der Zustimmung zu den Prinzipien und 
Grundlagen meines Programms. In betreff der inneren Lage Spaniens 
erklärt sich der Prätendent gegen das Streben nach Zentralisation, betont 
die Notwendigkeit der Wiedereinführung der Fueros und berührt die Frage 
der allgemeinen Wehrpflicht, deren Lösung jetzt nicht möglich sei, aber dann 
gefunden werde, wenn Spanien den ihm gebührenden Platz unter den Na- 
tionen einnehme. 
19. April. (Handelsverträge.) Die Kammer nimmt die 
Handelsverträge mit Italien und Rußland an. 
1. Hälfte Mai. (Militär-Reform-Vorlage.) Robledo, 
der Führer der Reformisten, bringt in der Kammer einen Ver- 
tagungsantrag gegen die Militär-Reform-Vorlage des Kriegsmini- 
sters Cassola ein, welcher zwar abgelehnt wird, weil Sagasta mit 
vollem Gewichte dagegen auftritt und beinahe die Kabinetsfrage 
stellt, jedoch den Beweis liefert, daß das Kabinet beiweitem nicht 
mehr so unbedingt wie bisher auf seine Majorität zählen kann. 
Viele Ministeriellen enthalten sich der Stimme, und einige stimmen 
sogar gegen die Regierung. Seitens der Opposition dagegen tritt 
eine entschiedene Einmütigkeit in der Bekämpfung des Kabinets 
hervor. Am heftigsten tritt für die Vertagung des Entwurfes 
Cassola General Lopez Dominquez, das Mitglied der Reformisten- 
partei, auf. Lopez Dominquez hält 60= bis 80.000 Mann als 
Präsenzstand der Armee für genügend und ist mit seiner Partei 
der Ansicht, daß Spanien, ohne sich zu ruinieren, keine größere 
Armee zu unterhalten im stande sei. 
2. Hälfte Mai. (Allgemeines Stimmrecht.) Den spa- 
nischen Kortes wird ein Gesetzentwurf vorgelegt, welcher das all- 
gemeine Stimmrecht einführt. Wahlberechtigt soll jeder Spanier 
sein, der 25 Jahre alt ist, ausgenommen öffentlich unterstützte Arme, 
Soldaten im Dienste und Gefangene. Die Geistlichkeit darf wählen, 
ist aber nicht wählbar. Der Entwurf soll am Ende des Jahres, 
nach Wiederzusammentritt der Kammer zur Beratung kommen. 
1. Hälfte Juni. (Minister-Krisis.) Der General-Kapitän 
von Neu-Kastilien, General Martinez Campos reicht infolge von 
Differenzen mit dem Kriegsminister Cassola der Königin-Regentin 
seine Demission ein. Diese führt eine Minister-Krise und teil- 
weisen Kabinetswechsel herbei. 
Nachdem es zuvor schon dem Kabinetschef trotz aller Bemühungen 
nicht gelungen war, sich zu Gunsten der Militär-Reform des Kriegsministers 
und der wirtschaftlichen Pläne des Finanzministers Puigcerver der Majorität 
zu versichern, reicht das Kabinet jetzt seine Demission ein. Die Königin
	        
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