332 Frankreich. (April 19.—Ende.)
19. April. (Kammer.) Die Wiedereröffnung der Kammern
und der Eintritt Boulangers in die Deputiertenkammer führen in
dieser zu einer erregten Sitzung. Mit Bezug auf die Erfolge Bou-
langers wird von der Regierungspartei im Einverständnis mit der
Regierung die Interpellation über die allgemeine Politik gestellt.
Ministerpräsident Floquet nimmt dieselbe an. Sie ergibt ein Ver-
trauensvotum für die Regierung von 379 gegen 177 Stimmen,
ein Resultat, das durch Zusammenstehen aller republikanischen Ele-
mente erreicht wird. Alsdann aber stellen die Radikalen den An-
trag, eine Kommission für die Revision der Verfassung am 21. April
zu ernennen. Obwohl Floquet zuvor ausdrücklich gefordert hatte,
daß die Kammer den Zeitpunkt abwarte, wo die Revision nicht
mehr „den Charakter einer von den Monarchisten gelegten Schlinge
trage oder gar den durchsichtigen Mantel der Diktatur vorstelle",
setzen die Radikalen und Bonapartisten den Antrag mit 340 gegen
215 Stimmen durch.
20. April. (Tumulte.) Es kommt in Paris zwischen den
Gegnern und Anhängern Boulangers zu Straßenkrawallen.
Etwa 2000 Studenten ziehen vor das Hotel Louvre und manifestieren
dort mit Spottgesängen und Rufen: Nieder mit Boulanger! Darauf ziehen
die Studenten vor den Militärklub, sodann über die Boulevards vor die
Bureaus der Blätter Cocarde und France unter steten Kundgebungen gegen
Boulanger. Inzwischen haben sich auch boulangistische Massen gesammelt
und es kommt zwischen diesen und den Studenten zu wiederholten blutigen
Raufereien, wobei die Studenten vor jenen mit Knüppeln, Totschlägern und
Messern bewaffneten Banden schließlich den Kürzeren ziehen.
24. April. (Zölle.) In der Deputiertenkammer wird ein
Zoll von 5 Francs auf Mehl und Mais und ein Zoll von 40 Francs
auf Alkohol angenommen und sodann beschlossen, den zur Fabri-
kation der Stärke in Destillerien und in der Landwirtschaft ver-
wendeten Mais von der Besteuerung auszunehmen.
26. April. (Prozeß Limouzin und Caffarel.) Der
Appellhof bestätigt das Urteil, nach welchem wegen Ordenshandels
Frau Limounzin zu sechsmonatlichem Gefängnis, General Caffarel
zu 1000 Francs Geldbuße verurteilt wurde.
Ende April. (Graf von Paris.) Der Graf von Paris
hat sich seinen Anhängern über die gegenwärtige Lage in einem
Manifest geäußert, in dem es u. a. heißt:
.Die Republik, verschwenderisch und verfolgungssüchtig im In-
nern, ist ohne Kredit und ohne Stärke in Europa, der Radikalismus, an
der Spitze der Gewalt, droht, die Desorganisation des Landes zu vollenden;
die jüngsten lauten Kundgebungen des allgemeinen Stimmrechts find ein