360 Lie Nämische Zurie. (März 2.— Juli Mitte.)
Kirchen die russische Sprache eingeführt werden — abgesehen vom Meßopfer
und dem rituellen Gebete sollte sich also der polnische Priester keiner anderen
Sprache bedienen, als der russischen; 2. die Bischöfe, Pfarrer u. s. f. sollten
vom Zgar, beziehungsweise der Regierung bestellt werden; 3. Kinder aus
Misch-Ehen müßten griechisch-orthodox erzogen werden.
2. März. (Die Lage des heiligen Stuhles.) Der Papst
empfängt anläßlich des Jahrestages seiner Thronbesteigung die
Glückwünsche der Kardinäle. Der Papst erwidert auf die vom Doyen
der Kardinäle verlesene Adresse mit einer Rede, in der er von neuem
ausführt, daß das Papsttum nicht unabhängig sei und daß er sich
nicht zufrieden geben werde, ehe das vicht geändert sei.
29. März. (Die Kurie und Rußland.) Iswolsky, Kammer--
herr des Zars, trifft mit einem eigenhändigen Schreiben des Zars
für den Papst in Rom ein. Derselbe wird vom Kardinal Ram-
polla empfangen, dem er ein Schreiben des Ministers von Giers
übergibt.
Ende Mai. (Die Kurie und das italienische Straf-
gesetzbuch.) Der Papst hält ein Konsistorium ab, in dem er sich
mit einer Allokution an die Kardinäle wendet.
Der Papst weist in derselben auf die Festlichkeiten anläßlich seines
Jubiläums hin und hebt hervor, wie die hierbei bekundete allgemeine Freude
gegen die Beleidigungen kontrastiere, welche die Feinde der Kirche durch das
neue Strafgesetz derselben zufügen. Dieses Gesetz sei ein sehr ernster Angriff
auf den Klerus und die Rechte des heiligen Stuhles; namentlich anstößig
erscheine der Artikel betreffend die Mißbräuche, welche dem Klerus beigelegt
werden. Dieser Begriff sei sehr dehnbar und könne je nach den schlechten
Absichten der Feinde der Kirche angewendet werden. Wenn die Gesetze gegen
die Lehre Christi verstoßen, so habe die Kirche die Pflicht ihre Stimme z
erheben; es sei gegen Wahrheit und Gerechtigkeit, den ganzen Klerus in so
unbegründeter Weise zu verdächtigen. Der italienische Klerus habe nichts
gegen die öffentliche Ruhe unternommen. Der Papst sei der einzige Gerichts-
herr innerhalb der Kirche; das neue Gesetzbuch aber greife in seine Rechte
ein durch unbestimmt gehaltene Artikel, welche jeder nach seinen Leidenschaften
auslegen könne. Auch in anderen Ländern geien Gesetze gegen die Kirche
geschaffen, doch wurden dieselben, sobald sich die Geister beschwichtigt hatten,
wieder aufgehoben. Der Papst protestiert entschieden gegen das Strafgesetz,
welches den Rechten der Kirche, des Klerus und der Bischöfe zuwiderlaufe.
Die Kirche habe andere Stürme gesehen und sei strahlender aus denselben
hervorgegangen; er kenne den italienischen Episkopat sowie den Klerus und
zweifle nicht, daß dieselben dem neuen Geeet gegenüber die entsprechende
Haltung einnehmen werden, aber er sei tief betrübt, die Kirche in Italien
und ihr Oberhaupt in dieser Weise verfolgt zu sehen, da sie doch diesem
Lande so viel Gutes erwiesen hätten. Seine Lage gestatte ihm nur zu pro-
testieren, er verlasse sich aber auf Gott, der Italien beschützen und bessere
Zeiten herbeiführen möge.
Mitte Juli. (Encyklika.) Der Papst erläßt eine Enchyklika
über die menschliche Freiheit, die mit den Worten schließt:
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