Belgien. (Februar 24. —Mai 27.) 369
über das Recht, Verträge abzuschließen, sei älter, als der Londoner Vertrag,
welcher die beständige Neutralität Belgiens proklamiere, und Belgien könne
ein Bündnis mit einer auswärtigen Macht nicht abschließen. Seine Inter-
pellation — betont schließlich Neujean — bezwecke nur, der Regierung Ge-
legenheit zu geben, das Ausland aufzuklären. Der Minister des Aeußern,
Prinz Caraman-Chimay, erwidert, Belgien habe nie aufgehört, die Neutra-
lität und alle Pflichten, welche sie mit sich bringt, zu beobachten. Alles,
was über einen Vertrag oder eine Uebereinkunft geschrieben wurde, sei eine
reine Fabel. Von keiner Seite sei auch nur der Versuch gemacht worden,
auf Belgien einzuwirken, um dasselbe zum Aufgeben der neutralen Stellung
zu veranlassen. Der Minister des Aeußern bedauert es, daß ein Teil der
heimischen Presse aus Parteigeist sich zu derartigen Verleumdungen hergebe,
welche im Auslande Vorurteile und Mißtrauen hervorrufen, und dankt dem
Deputierten Neujean, daß ihm dieser Gelegenheit gegeben hat, jenen Gerüchten
entgegenzutreten.
24. Februar. (Budget.) In der Kammersitzung bringt der
Finanzminister das Budget pro 1889 ein und erklärt,
der sich pro 1886 ergebende Ueberschuß betrage definitiv 2.150,000
Francs; die Ausgaben in diesem Rechnungsjahre seien um 5 Millionen hinter
dem Voranschlag zurückgeblieben. Für das Rechnungsjahr 1887 betrage der
Ueberschuß 12 Millionen, pro 1888 5 Millionen und im Jahre 1889 sei
derselbe auf 9 Millionen geschätzt. Der Minister kündigt an, er werde vor
Ostern noch mehrere Vorlagen einbringen, welche größere Ausgaben bean-
spruchen.
Mitte März. (Carnot in Brüssel.) Der König läßt Prä-
sident Carnot bei seinem Besuch der nördlichen Departements die
Einladung zugehen, nach Brüssel zu kommen. Carnot nimmt die
Einladung an.
19. Mai. (Kriegsbudget.) Die Kammer nimmt die Vor-
lage betreffend die Kredite für die Erhöhung der militärischen Ver-
teidigungsmittel, einschließlich der Maasbefestigungen, an. 61 De-
putierte stimmten dafür, 16 enthielten sich der Abstimmung.
27. Mai. (Provinzialratswahlen.) Bei den zur Er-
neuerung der ausscheidenden Hälfte der Provinzialräte in Belgien
stattgehabten Wahlen verlieren die Liberalen in der Provinz Luxem-
burg die Mehrheit an die Katholiken; in der Provinz Namur ver-
lieren die Katholiken mehrere Sitze; in der Stadt Namur kommen
12 Liberale mit 12 ausscheidenden Katholiken zur Stichwahl. In
den Provinzen Lüttich, Hainaut, Brabant behaupten die Liberalen
mit geringen Verstärkungen ihre bisherigen Stellungen. In den
Provinzen Antwerpen, beiden Flandern und Limburg bleiben die
Katholiken in der bisherigen überwiegenden Stellung, mit Aus-
nahme der Stadt Antwerpen, wo dieselben sich am Kampfe nicht
beteiligt haben und durch 21 Liberale ersetzt worden sind. Mehrere
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXIX. 24