394 Kumänien. (März 2. Halfte — April 9.)
tiano erklärt in der Kammersitzung in Beantwortung einer Inter-
pellation über die auswärtige Politik der Regierung:
Wir müssen die rumänischen Interessen wahren, ohne jedoch die In-
teressen anderer zu verletzen. Der Minister protestiert gegen die Idee der
Gründung eines rumänisch-bulgarischen Kaisertums, sowie gegen die Anschul-
digung, daß man das Land germanisiere. Deutschland selbst habe an den
nationalen Sympathien Rumäniens für Frankreich keinen Anstoß genommen.
Als er sich an den deutschen Kanzler um Aufschlüsse über die Weltlage ge-
wendet, habe ihm Bismarck gesagt: So Ihr Frieden wollt, seid mit uns, so
Ihr Krieg wollt, geht mit anderen. Wir arbeiten, erklärt der Minister, an
der Entwicklung der Armee, denn wenn wir den Frieden wollen, müssen wir
auch in der Lage sein, unsere Rechte zu sichern. Wir müssen beweisen, daß
wir für niemanden besondere Sympathien hegen und daß das Gefühl der
nationalen Erhaltung alle unsere Kräfte absorbiert. (Beifall.)
Die Veranlassung zu dieser Eröffnung bildete eine Rede des
oppositionellen Redners Blaremberg, der von Bratiano behauptete,
daß er die rumänische Armee zu einem Teile der deutschen Armee
gemacht, daß das Bündnis Deutschlands und Oesterreichs nur gegen Frank-
reich gerichtet sei und sich schließlich dagegen verwahrte, daß Rumänien an
der Vernichtung der französischen Nation mitwirke, die das Haupt und die
Seele aller lateinischen Rassen bilde.
2. Hälfte März. (Oppositionelle Revolten.) In Bukarest
kommt es durch Aushetzung seitens der oppositionellen Parteiführer
zu wiederholten schweren Tumulten.
Anfang April. (Demission Bratianos.) Bratiano reicht,
weil er sich der Schwierigkeit der Situation nicht gewachsen fühlt,
seine Demission ein. Nachdem er erklärt, keinem wie immer ge-
arteten Kabinet beitreten zu wollen, wird ein Koalitionsministerium
einberufen, das sein Gepräge von den Jungkonservativen erhalten
hat. Das neue Kabinet ist in folgender Weise konstituiert: Rosetti,
Präsidium und Inneres; Carp, Auswärtiges; Ghermani, Finanzen;
Prinz Stirbey, öffentliche Arbeiten; Alexander Marghiloman, Justiz;
General Barsszi, Krieg; Majoresko, Unterricht und interimistisch
Handel.
Die „Köln. Ztg.“ nennt die Jungkonservativen die angesehenste und
fähigste Gruppe der Opposition und bemerkt insbesondere: „Die Jungkonser=
vativen sind europäisch gebildet und deutschgesinnt; debenfals wird die Vor-
bedingung für das Zustandekommen jedes neuen Kabinets das Festhalten an
der bisherigen auswärtigen Politik Rumäniens sein.“
9. April. (Regierungsprogramm Carps.) In der Sitzung
der Deputiertenkammer verliest der Minister des Auswärtigen, Carp,
eine ministerielle Erklärung, welche besagt,
der König habe die dermaligen Minister zu ihren Posten berufen,
weil dieselben den Parteien vollständig neutral gegenüberständen und stets
Unparteiisch sein würden. Was die auswärtige Politik angehe, so sei es