Serbien. (Januar Anfang.) 395
Legende, wenn man behaupte, die Politik Rumäniens sei lediglich im Schlepp—
tau Deutschlands. Insofern als Deutschland keine Politik auswärtiger Ein—
mischung treibe, sondern sich wesentlich in seiner auswärtigen Politik von
den Ideen leiten lasse, die es für seine inneren Verhältnisse verfolge, sei die
Regierung allerdings ein Anhänger deutscher Politik, weil auch sie die Ver-
besserung der inneren Lage des Landes ausschließlich im Auge habe.
7. Mai. (Attentat.) Gegen 10 Uhr abends feuert ein als
Stadtsergeant verwendet gewesenes Individuum, welches seinerzeit
verurteilt, aber begnadigt worden war, zwei Gewehrschüsse auf
ein Fenster des königlichen Palais ab, dessen Glasscheiben zer-
trümmert wurden. Das Individuum, sofort in Haft genommen,
stieß Drohungen gegen den König aus. Von offizieller Seite wird
versichert, daß der Attentäter irrsinnig ist.
2. Hälfte Dezember. (Verurteilung.) Der ehemalige Kriegs-
minister Angelescu wird wegen Erpressung zu einer Gefängnisstrafe
von 3 Monaten, 3000 Frcs. Geldbuße und 30,000 Frcs. Ent-
schädigung an den Kriegsminister verurteilt.
22. Dezember. (Handelsvertrag mit Oesterreich-
Ungarn.) In Beantwortung einer Interpellation erklärt Mi-
nister Carp,
die Unterhandlungen mit Oesterreich-Ungarn wegen Abschlusses eines
Handelsvertrags würden auf der Basis der vom Kabinet Bratiano gemachten
Vorschläge fortgesetzt. Die Hauptschwierigkeit liege in der Frage der Vieh-
ausfuhr. Sobald diese Frage geregelt sei, gebe es kein weiteres Hindernis
für den Abschluß. Die Regierung werde diese rein kommerzielle Frage dem
politischen Parteigetriebe jedenfalls fernhalten. ·
Ende Dezember. (Finanzmaßregel.) Die Deputiertenkammer
beschließt, die Vorlage betreffend die Eröffnung eines Kredits von
26 Millionen Francs zum Zwecke der Zurückziehung der Hypo-
thekenbillets der Nationalbank in Erwägung zu nehmen.
XVII.
Serbien.
Anfang Januar. (Radikales Kabinetsprogramm.) Der
Klub der Radikalen verhandelt über das Programm, welches für
den Fall, ein radikales Kabinet gebildet werden sollte, in Kraft
treten soll. Danach ist
1) die Kirchenfrage als gelöst zu betrachten, und wird der gegen-