Serbien. (Juli Mitte.) 401
halb erachten Wir es für Unsere Königliche Pflicht, das Ansuchen zu stellen,
Ew. Eminenz möge kraft der Ihnen von Gott verliehenen Machtvollkommenheit
und im Sinne der betreffenden kanonischen Vorschriften diese Gefahr vom
serbischen Staate und dessen nationaler Dynastie abwenden und auf Grund der
bestehenden Kirchengesetze Unsere Ehe mit Unserer Gemahlin Natalie auflösen.
Indem Wir Unser Land und Unser Königshaus den inbrünstigen
Gebeten Ew. Eminenz empfehlen, verbleiben wir
Unserer heiligen Kirche zetreuer und ergebener Sohn
ilan
König von Serbien.
Gegeben am Königlichen Hoflager zu Belgrad, 11. Oktober 1888.
Der Metropolit entspricht der Forderung des Königs und
spricht die Scheidung des Königspaares in folgendem Antwort-
schreiben aus:
Theodosius,
durch Eingebung des Heiligen Geistes demütiger Episkop der pravoslavischen
Kirche im Königreiche Serbien, Erzbischof von Belgrad und Metropolit
von Serbien,
Allen Söhnen der heiligen apostolischen orthodoxen Kirche im König-
reiche Serbien, Friede, väterlichen Segen und Gruß!
Auf Grund der Aussage Sr. Majestät des Gebieters und Königs von
Serbien Milan I., nach welcher das fernere eheliche Zusammenleben mit
Seiner Gemahlin, Königin Natalie, unmöglich geworden; nachdem alle, im
Sinne der kanonischen Vorschriften vorgenommenen Versöhnungsversuche ge-
scheitert und erfolglos geblieben sind; und auf Grund jenes Befehles des
Herrn: „das Geheimnis des Herrschers sollst du bewahren, die Thaten
ottes sollst du erzählen“ haben wir diese wichtige Angelegenheit in ernste
und reifliche Erwägung gezogen. Nach allseitiger Prüfung derselben find
wir nun zur Ueberzeugung gelangt, daß das eheliche Beisammenleben Ihrer
Majestäten wahrhaftig eine Unmöglichkeit geworden sei. Indem wir hierbei
auch die geheiligte unantastbare Person des Herrschers und seines Hauses,
ferner die Interessen Unserer heiligen Kirche, sowie auch diejenigen Unseres
Staates und endlich die durch den Spruch des Herrn: „Was Ihr auf Erden
bindet, bleibt auch im Himmel vereint, was Ihr auf Erden löset, wird auch
im Himmel gelöst,“ den Aposteln und deren Nachfolgern zu teil gewordene
und daher auch Uns betreffende Machtvollkommenheit — in Erwägung zogen,
haben Wir einem uralten Brauche der orthodoxen Kirche zufolge als Metro-
polit der autokephalen serbischen Kirche mittelst unseres Segens die am
5. Oktober 1875, nach orthodoxem Ritus in der Belgrader Kathedralkirche
zwischen König Milan I. und Natalie, geborener Keschko, einge angene Ehe
aufzulösen für gut befunden, und verkünden hiermit, daß Nese he nicht
mehr zu Recht besteht.
Zhl. 1247. Gegeben in Unserer Metropolitan-Residenz in Belgrad
am 12. Oktober 1888 in Ermächtigung Unseres Herrn und Heilandes Jesus
Christus.
hrif Gottes Segen sei mit Euch jetzt und immerdar. Amen!
(L. S.) Theodofius, m. p.
Königin Natalie beantwortet die Entscheidung des Metro-
politen mit der telegraphischen Erklärung,
ihre Ehe sei, wie aus der Entscheidung des Metropoliten hervorgehe,
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXII. 26