Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

48 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 19.—23.) 
beln) von epidermoidalen, häufig ganz homogen gewordenen Zellen. Regel- 
mäßig lagen diese Nester in der Deckschicht oder doch in nächster Nähe der- 
selben. Die Deckschicht ihrerseits hat wohl gleichfalls aus einer epidermoi- 
dalen Wucherung bestanden, jedoch waren einzelne Zellen nur noch stellen- 
weise daran zu unterscheiden. Epidermis-Zwiebeln in den tiefen Teilen und 
deutlich isolierte Alveolen habe ich trotz anhaltenden Suchens nicht gefunden. 
Diese Nachforschung wird noch fortgesetzt werden. Sollte sich dabei ein wei- 
teres Ergebnis herausstellen, so werde ich darüber sofort berichten. 
Berlin, 29. Januar 1888. 
Pathologisches Institut. 
Direktor des Instituts: Rudolph Virchow. 
19. Februar. Ausweisung des wegen Landesverrats im 
vorigen Jahre bestraften Elsässers Köchlin aus den Reichslanden 
nach Verbüßung seiner achtmonatlichen Festungshaft. Köchlin sie- 
delt mit seiner Familie nach Paris über. 
23. Februar. (Universität Straßburg.) Reichstag: Bei 
der Etatsberatung beantragt der Abg. für Straßburg, der Altelsäßer 
Dr. Petri, den Reichszuschuß für die Universität aus dem Extra- 
ordinarium wieder ins Ordinarium des Reichshaushalts zu setzen, 
wo er seit 1876 gestanden habe. 
Diese Veränderung würde sonst als eine Änderung der Gesinnung 
der Regierung gegen Elsaß-Lothringen gedeutet werden. Er werde die el- 
sässischen Angelegenheiten immer vom deutsch-nationalen Standpunkte be- 
trachten. Die Universität Straßburg sei als Pflanzstätte deutscher Kultur 
in der Westmark des Reiches errichtet und solle es bleiben. Die Bevölkerung 
des Reichslandes sei nicht revolutionär, sondern ruhig und gesetzliebend. Die 
ruhige Entwicklung sei sicher, wenn die Regierung zwar gegen Ausschrei- 
tungen vorgehe, aber kleinliche Polizeimaßregeln vermeide. 
Staatssekretär des Innern v. Bötticher spricht seine größte Freude 
über diese vom ganzen Hause beifällig aufgenommene Rede aus und sagt 
bereitwilliges Entgegenkommen der Regierung für den Wunsch Petris zu. 
Petri begrüßt die Erklärungen des Ministers als die Brücke zur Verstän- 
digung mit der elsässischen Bevölkerung. Der Reichstag nimmt den An- 
trag an. 
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ schreibt dazu tags darauf: 
Der 23. Februar werde in der Geschichte der nationalen Entwicklung 
eine bleibende Bedeutung haben, weil an diesem Tage ein elsässischer Ab- 
geordneter fest und offen erklärte, für die Interessen seiner Heimat vom 
deutsch-nationalen Boden aus eintreten und im Sinne seiner Wähler eine 
Brücke zur Verständigung mit Altdeutschland bauen helfen zu wollen. Die 
alte Liebe zu Elsaß-Lothringen sei trotz mancher Enttäuschungen keineswegs 
verflogen, und Petris treugemeintes Wort werde in Altdeutschland einen 
hellen Widerklang finden. 
23. Februar. Prinz Ludwig von Baden, zweiter Sohn 
des Großherzogs und Enkel des Kaisers Wilhelm, stirbt an einer 
Lungenentzündung. 
Der Prinz befand sich im 23. Lebensjahre und studierte auf der Uni- 
versität Freiburg.
	        
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