50 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar Ende.)
Abg.-Hs.: Prinz Arenberg bringt einen vom gesamten Zentrum
unterstützten Antrag ein, den geistlichen Orden bei ihrer Wieder-
zulassung ipso jure Korporationsrechte zu gewähren.
Am 29. Februar erklärt hierzu Kultusminister v. Goßler, die
Regierung beabsichtige eine gesetzgeberische Novelle einzubringen, durch welche
den wieder zugelassenen Ordensniederlassungen dieses Recht gegeben werde.
Hierum zieht Prinz Arenberg seinen Antrag zurück.
Windthorst bringt folgenden Antrag betr. die Religions-
pflege an Volksschulen ein:
1) In das Amt des Volksschullehrers dürfen nur Personen berufen
werden, gegen welche die kirchliche Behörde in kirchlich-religiöser Hinsicht
keine Einwendung gemacht hat. Werden später solche Einwendungen erhoben,
so darf der Lehrer zur Erteilung des Religionsunterrichtes nicht weiter zu-
gelassen werden.
2) Diejenigen Organe zu bestimmen, welche in den einzelnen Volks-
schulen den Religionsunterricht zu leiten berechtigt sind, steht ausschließlich
den kirchlichen Oberen zu.
3) Das zur Leitung des Religionsunterrichtes berufene kirchliche Organ
ist befugt, nach eigenem Ermessen den schulplanmäßigen Religionsunterricht
selbst zu erteilen oder dem Religionsunterrichte des Lehrers beizuwohnen, in
diesen einzugreifen und für dessen Erteilung den Lehrer mit Weisungen zu
versehen, welche von letzterem zu befolgen sind.
4) Die kirchlichen Behörden bestimmen die für den Religionsunter-
richt und die religiöse Übung in den Schulen dienenden Lehr= und Unter-
richtsbücher, den Umfang und Inhalt des schulplanmäßigen religiösen Unter-
richtsstoffes und dessen Verteilung auf die einzelnen Klassen.
Ende Februar. (Polnische Rettungsbank.) Nachdem die
Versuche, durch Gründung einer polnischen Rettungsbank dem Vor-
gehen der Ansiedlungskommission für die polnischen Landesteile Preu-
ßens entgegenzuwirken, eine nur so schwache Beteiligung des pol-
nischen Kapitals gefunden haben, daß sie als gescheitert angesehen
werden müssen, beantragte der Aufsichtsrat der Bank bei der Ge-
neralversammlung, dieselbe möge den Beschluß der Emission der
Aktien zum 1. Oktober aufheben und die Zurückzahlung der bereits
erfolgten Einzahlungen beschließen; die Generalversammlung lehnt
den Antrag ab in der Überzeugung, daß ein solches Ende gar zu
niederdrückend auf die öffentliche Meinung einwirken müssse.
Aus den Ausführungen des Direktors der Bank erhellt folgendes über
den Gang des Unternehmens. Um zunächst die Eintragung der Firma zu
ermöglichen, waren als Anlagekapital nur 50.000 .4 festgesetzt, welche bis
1. Okt. 1889 auf 3.000.000 zu erhöhen sein sollten. Die zur Zusammen-
bringung dieses Kapitals in Posen ernannten 80 Vertrauensmänner und 2
nach Rußland und Galizien entsandten Delegierten hatten aber fast gar nichts
ausrichten können, so daß nach dem 1884er Aktiengesetze die Eintragung des
erhöhten Kapitals nicht möglich ist. Daher mußte die Bank ihre Tätig-
keit auf die Verwendung jener 50.000 — beschränken und konnte nur 2 Gü-
ter, doch auch nur unter Zuhilfenahme der persönlichen Garantie des Auf-