Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

86 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 23.—25.) 
der Kommunal= oder Schulabgaben eintreten müßte. Das danach einstweilen 
in der Schule überhaupt noch zulässige Schulgeld ist in Landschulen mit 
Genehmigung des Kreisausschusses, in Stadtschulen mit Genehmigung des 
Bezirksausschusses festzustellen. Von fünf zu fünf Jahren ist zur Weiter- 
erhebung eine erneute Genehmigung erforderlich.“ 
23. Mai. (Paßverfügung.) Eine Ministerial-Verfügung 
vom 22. d. bestimmt folgendes: 
Von Donnerstag den 31. Mai 1888 ab müssen alle über die fran- 
zösische Grenze zureisenden Ausländer ohne Unterschied, ob sie auf der Durch- 
reise begriffen sind oder im Lande Aufenthalt nehmen wollen, sich im Besitze 
eines Passes befinden, welcher mit dem Visum der deutschen Botschaft in 
Paris versehen ist. Das Visa darf nicht älter sein, als ein Jahr, Gewerbe- 
Legitimations-Karten für ausländische Handlungsreisende ersetzen den erfor- 
derlichen Paß nicht. Ausländer, welche nicht im Besitze eines regelmäßigen 
Passes sind, sind an der Weiterreise zu hindern und nötigenfalls über die 
Grenze zu führen. Reichsangehörige, welche über die französische Grenze zu- 
reisen, bedürfen eines Passes nicht. Ausgenommen von der Paßpflicht sind 
die Bewohner der französischen Grenzgemeinden, sofern sie sich zu geschäft- 
lichen Zwecken in eine benachbarte deutsche Grenzgemeinde begeben und sich 
vor dem Grenzpolizei-Beamten entsprechend ausweisen. 
In den Ausführungsvorschriften zur Paßverordnung ist ferner be- 
stimmt, daß Franzosen, die sich vor dem 10. April 1887 ständig im Reichs- 
lande aufgehalten haben, ferner solche, die im Reichslande Grundeigentum 
besitzen und bisher regelmäßig einen jährlichen Aufenthalt genommen haben, 
ferner allein Zureisende, nicht schulpflichtige Knaben und Mädchen einer Er- 
laubnis zum Aufenthalt nicht bedürfen. Ferner soll jeder französische Staats- 
angehörige verpflichtet sein, in jedem Orte, wo er länger als 24 Stunden 
Aufenthalt nimmt, sich bei dem Bürgermeister beziehungsweise bei der Polizei- 
direktion zu melden. Ausnahmsweise kann von dem Polizeidirektor oder 
von dem Kreisdirektor eine einstweilige Aufenthaltserlaubnis auch solchen 
erteilt werden, die einen Paß nicht besitzen. — Zu denjenigen französischen 
Militärpersonen, denen der Aufenthalt nach der neuen Paßverordnung nur 
ganz ausnahmsweise gestattet wird, gehören auch die Offiziere der Reserve 
und der Territorialarmee, die ehemaligen Offiziere und die Zöglinge der 
Militärschulen. 
24. Mai. Vermählung des Prinzen Heinrich und der 
Prinzessin Irene von Hessen zu Charlottenburg. 
24. Mai. (Virchow) wird der Rote Adlerorden zweiter 
Klasse mit Stern und Eichenlaub verliehen. 
25. Mai. (Moskauer Zeitung.) Die „Nordd. Allg. Ztg.“ 
wendet sich gegen einen die Angriffe der deutschen Presse auf Ruß- 
land betreffenden Artikel der „Moskauer Zeitung“, worin gesagt 
worden war, daß das russische Volk Beleidigungen leicht verzeihe, 
aber systematischen Betrug, Verhöhnung seiner besten Gefühle, Unter- 
grabung seiner Macht und seines Wohlstandes seitens derjenigen, 
die sich für seine besten Freunde ausgeben, nicht verzeihe, und be- 
merkt dazu: 
„Die „Moskauer Zeitung“ fordert von uns nichts anderes, als daß
	        
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